Category: Rezensionen

Januar 12th, 2017 by Dirk
Lesezeit: 4 Minuten

Die 1920er Jahre in einer amerikanischen Großstadt. Rauch steigt aus den Kanaldeckeln. Eine Limousine fährt vor. Ein paar Männer in gestreiften Anzügen und langen Trenchcoats steigen aus. Plötzlich fallen Schüsse. Grelle Polizeisirenen ertönen und eine wilde Schießerei entbrennt. Bilder wie diese gehen einem schon beim Betrachten des Prototyps von Arve D. Fühlers großem Spiel durch den Kopf. Wir durften den schon recht final wirkenden Prototyp von „Capone City“ spielen und ich möchte einige Eindrücke dieser ersten Partie gerne teilen.


Als Gangsterboss muss man in „Capone City“ in den unterschiedlichen Stadtvierteln präsent sein, um an Alkohol und Hehlerware zu komme. Diese Waren werden dann gewinnbringend gegen Siegpunkte auf einem der beiden Märkt veräußert.

„Capone City“ wird von sechs verschiedenen Kartentypen angetrieben. Spielt man eine seiner drei Handkarten aus, muss man die damit verbundenen Ressourcen sofort einsetzen. So werden mit den Ressourcen Gangster in den Stadtteilen oder den äußeren Straßenbezirken platziert oder Waren gekauft bzw. verkauft. Ein Würfelmechanismus sorgt bei entsprechendem Ergebnis für weitere Ressourcen. Zusätzlich darf man seine mächtigen Freunde um einen Gefallen bitten, um bestehende Aktionen zu erweitern oder weitere Aktionen zu bekommen.

Der Grundmechanismus des Ausspielens der Karten sieht vor, dass man sich zunächst von den fünf verfügbaren Kartentypen (Boss, Vamp, Bad Guy, Best Boy, Schmuggler) einen Satz aus drei Handkarten zusammenstellt – die Freundeskarten kann man dabei nicht auswählen. Hat man sich für drei Handkarten entschieden, wird reihum immer eine Karte ausgespielt. Unterhalb seines Spielerbereichs werden die einzelnen Kartentypen in Reihen abgelegt. In Abhängigkeit der Anzahl an Karten, die bereits von einem Kartentyp gespielt wurden, verändert sich die Anzahl der Ressourcen, die man erhält. Bekommt man vom ersten Bad Guy noch drei Münzen, so sind es beim zweiten und dritten entsprechend weniger. Spielt man die vierte Karte in einer Reihe, wird diese abgeräumt und man beginnt wieder von vorne. Hierfür erhält man Punkte und rückt auf der Einflussskala nach vorne. Man will also auch gerne mal die eine oder andere Reihe abräumen, um Punkte und Einfluss zu erlangen. Zusätzlich hat jede Karte ein Würfelsymbol, das zusätzliche Ressourcen liefern kann, wenn man die richtige Zahl würfelt. Man muss also schon ein wenig planen, welche Kartentypen man wählt und welche man wann spielen möchte.

Beim Ausbringen der Gangster in die Stadtbezirke sind die Plätze an den Futtertöpfen begrenzt. Bei vier Spielern können maximal drei in einem Bezirk auf einem der Endfelder stehen und Alkohol oder Hehlerware kaufen. Ist ein Feld allerdings leer gekauft, wandern alle Gangster auf den drei Feldern in den Knast oder auf die Gefängnisinsel – sie waren zu gierig und sind aufgeflogen. Kommt ein vierter Gangster hinzu, fliegt ein anderer raus und kommt hinter Gitter (aus dem Gefängnis und von der Gefängnisinsel kann man seine Ganoven übrigens jederzeit freikaufen, wenn man eine Geldressource erhält). Ein ähnlicher Mechanismus findet sich bei den Straßenbezirken am Spielfeldrand. Ist man hier am Ende angelangt, kann man jedoch keine Waren kaufen, sondern kontrolliert einen Straßenzug. Erreicht man noch das Endfeld einer anderen Straße und kontrolliert damit den Schnittpunkt zwischen zwei Straßen, so hat man Vorteile beim Kauf von Waren in den entsprechenden angrenzenden Stadtbezirken.

Der Verkauf der ergaunerten Waren findet auf zwei unterschiedlichen Märkten statt. Ein Markt ist ausschließlich für die Hehlerware. Hier muss man die Waren unterschiedlicher Farbe in entsprechender Kombination abgeben, um Punkte zu bekommen. Entweder zwei gleiche, drei unterschiedliche oder vier unterschiedliche werden abgegeben und auf dem entsprechenden Farbfeld abgelegt. Sind alle Felder einer Farbe voll, ist der Markt gesättigt und man kann von dieser Farbe nichts mehr verkaufen. Beim Alkohol funktioniert das Ganze etwas anders. Hier platziert man seine Ganoven auf einer der entsprechenden Lieferkarten und gibt die farblich passenden Alkoholfässer ab – wie bei den Hehlerwaren gibt es hier vier unterschiedliche Farben. Ist eine Lieferung vollständig, hierbei können die unterschiedlichen Waren einer Lieferung allerdings von verschiedenen Spielern beigesteuert werden, kann sie ausgeliefert werden und in Abhängigkeit der Anzahl an eingesetzten Ganoven Punkte bringen. Jedoch ist die Auslieferung auch mit Gefahren verbunden, denn jeder der beteiligten Spieler einer Lieferung würfelt und verliert in Abhängigkeit des Ergebnisses eventuell Männer…ab ins Kittchen mit ihnen!

Kommen wir zum Schluss noch zu den Freunden. Diese stellen den Game Changer dar, erlauben sie doch zusätzliche Aktionen, liefern zusätzliche Ressourcen oder erweitern bzw. brechen bestehende Regeln. Hier kommt es darauf an, die Karten, die man durch bestimmte Felder erhalten kann, zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen.

Das Spielende wird (im Prototyp) eingeläutet, wenn ein Spieler auf der Einflussskala einen bestimmten Wert erreicht hat. Diesen Wert steigert man durch verschiedene Auslöser im Spiel, beispielsweise durch das Spielen der vierten Karte in eine Reihe des persönlichen Bereichs. Steigt der Einfluss einer Familie, erhält man für jeden Schritt entweder eine Freunde-Karte (mittels Drafting-Mechanismus) oder einen der begehrten Steine, mit denen man auf seinem Spielerbrett verschiedene Zusatzaktionen freischalten kann – beispielsweise Tauschaktionen Geld gegen Freunde-Karten und ähnliches mehr. Diese Steine erhält man auch durch das Erreichen der Endfelder bei den Straßenbezirken am Rand, fliegt man aber dort raus, muss man diese aber auch wieder abgeben.

Am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten, dabei werden noch unvollständige Alkohollieferungen abgerechnet und auch bestehende und nicht eingesetzte Ressourcen liefern noch ein paar Punkte.

Bei Capone City handelt es sich um Arves bisher komplexestes Spiel und es gilt viele Faktoren und auch die Bosse (Spieler) der anderen Familien im Blick zu halten. Vor allem die Planung, welche der fünf Kartentypen man auf die Hand nimmt, ist entscheidend für das Gelingen der eigenen Strategie. Interaktion mit den anderen Spielern ist vorhanden, ohne einem jedoch permanent in die Parade zu fahren. Aber wenn die eigenen Gangster dauernd im Gefängnis landen, ist das insofern ärgerlich, als das man diese nicht mehr auf dem Spielplan zur Verfügung hat und das Auslösen Geld und Aktionen kostet, da man ja öfter die Geldkarte spielen muss. Die Gangster sind die Mangelware in „Capone City“. Ohne Gangster im eigenen Vorrat kann man nichts verkaufen oder in neuen Stadtbezirken Präsenz zeigen. Bei der Partie zu viert hat es ab und an ganz gut geraucht über unseren Köpfen. Insofern war es ein gelungener Testabend und wir hoffen, Arve noch ein paar wertvolle Hinweise für die Finalisierung des Spiels gegeben zu haben. Und vielleicht findet sich ja tatsächlich auf der Spielwarenmesse in Nürnberg ein Verleger für „Capone City“. Für uns war es ein Angebot, das wir auch in Zukunft nicht ablehnen können.

Ich bin wirklich gespannt, was daraus wird und wünsche Arve alles Gute für eine Veröffentlichung. Wir hatten viel Spaß und können es ja auch aufgrund der lokalen Nähe zu Arves Wohnsitz zum Glück jederzeit wieder spielen – ob veröffentlicht oder nicht. Und vielleicht habt ihr ja auch mal die Möglichkeit auf einem Spielefest oder ähnlichem einen Besuch in Capone City zu absolvieren.

Hier noch ein Hinweis, für alle die sich schon jetzt auf das Spiel freuen sollten:
Bitte beachtet, dass es sich bei der gespielten Version um einen Prototypen handelt, der sich bis zu einer möglichen Veröffentlichung noch mal gehörig verändern kann – sogar und vor allem das Thema könnte nochmal wechseln, auch wenn ich das schade fände.

Kleines Update:
Im Nachgang hat Arve bereits wieder am Prototyp gefeilt und neue kleine Ideen eingebaut und insbesondere das Spielende etwas anders gelöst.

 

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Dezember 11th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 8 Minuten

Risiko zählt wohl neben Monopoly & Co zu den bekanntesten und beliebtesten Spielen auf der Welt. Das bedeutet aber nicht, dass es gleichzeitig auch besonders gut sein muss. So steht Risiko bei Vielspielern immer wieder in der Kritik einfach zu glückslastig zu sein, da der maßgebliche Spielmechanismus ein recht einfacher Würfelmechanismus ist. Und dennoch fällt einem Großteil der Bevölkerung beim Thema Strategie(!!!)spiel dieser Klassiker sofort ein. Denn der große Vorteil von Risiko besteht in den vergleichsweise eingängigen Regeln. Betrachtet man ernsthaftere Spiele, die sich mit militärischen Konflikten beschäftigen (sog. Wargames), so sind diese in der Regel sehr komplex, haben eine (extrem) hohe Zugangshürde und sind somit nur was für echte Fans. Mit Memoir ’44 veröffentlichte Days of Wonder zwar ein auch für Gelegenheitsspieler gut spielbares Exemplar dieses Genres auf Basis des relativ einfachen Battlelore-Regelsatzes, allerdings ist es bisher nicht auf deutsch erhältlich.

Brett und Pad

Die App ist immer dabei…

Mit Leaders ist nun ein Spiel auf dem Markt gekommen, das ebenfalls mit relativ einfachen Regeln und einem Würfelmechanismus für die „Lösung“ der Konflikte daherkommt, gleichzeitig aber durch seine App-Unterstützung auch ein sehr modernes Element hinzufügt. Ein erster Blick in das Spiel und sein Prinzip offenbart das Potenzial der Idee, die mich schon bei Die Alchemisten überzeugen konnte. Und da mit Road to Legend eine App-basierte Unterstützung für Descent herauskam, die sogar einen ganzen Spieler ersetzen kann, scheint immer klarer, dass die elektronische Unterstützung eines analogen Spiels, so paradox dies auch klingen mag, durchaus Sinn machen kann. Schauen wir uns Leaders mal etwas genauer an.

Um Transparenz zu schaffen, sei bereits an dieser Stelle vermerkt, dass mir für die Rezension ein kostenloses Exemplar von Rudy Games zur Verfügung gestellt wurde. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf meine Bewertung des Spiels.

 

Wie es gespielt wird

Ein Blick in die Anleitung von Leaders ist erfreulich, denn sie ist kurz, erschreckend kurz sogar. Zunächst soll man sich die App herunterladen und ein Konto erstellen. Entweder man nutzt ein Tablet und lädt die entsprechende App aus dem App- oder Play-Store oder man nutzt die Web App mit einem Smartphone oder Laptop. Ich empfehle hier ganz klar die App auf dem Tablet, da die Informationen in den einzelnen Bildschirmen einfach besser zu sehen sind und das Ganze dennoch transportabel ist. Letzteres ist wichtig,da man mit nur einem Gerät spielt, welches um den Tisch wandert. Die App führt einen dann ganz gut durch den Spielaufbau hindurch, der allerdings auch in der Kurzanleitung gut beschrieben ist. Wählt man ein „Schnelles Spiel“ gibt es genaue Vorgaben zum Aufbau des Spiels in Abhängigkeit der zuvor eingestellten Spielerzahl. Ist alles gemäß Vorgabe aufgebaut, kann es auch schon losgehen. Jeder Spieler hat vor sich ein Spielertableau mit ein paar Einheiten im Base Camp, seine Nationenkarte mit Sondereigenschaften sowie einen Vorrat an Einheiten. Nun muss man sich noch mal die kurzen Regeln zum Rundenablauf durchlesen, was in ca. zehn bis fünfzehn Minuten passiert ist.

Leaders Spielaufbau

Quelle: rudy Games

Die Handlungsmöglichkeiten erscheinen zunächst erst mal übersichtlich. In Abhängigkeit der Länder im Besitz eines Spielers erhält man Produktionspunkte, die in einer Leiste unterhalb des Spielplans abgetragen werden. Diese kann man einsetzen, um dann im Hauptquartier neue Truppen zu „produzieren“, Personen wie Botschafter oder Spione anzuheuern und Forschung zu betreiben. Letzteres liefert dem forschenden Spieler dann ab einer nachfolgenden Runde, auch daran erinnert einen die App während des Spiels, Sondereigenschaften wie beispielsweise einen zusätzlichen Würfelwurf im Kampf. Seinen Nachschub an Truppen und Gerät ordert man immer im Geheimen, so dass die anderen Spieler erst in der Folgerunde wissen, was man so im Köcher haben wird.

Die Hauptaktionen bestehen natürlich aus dem Platzieren und Bewegen von Truppen, um andere Länder einzunehmen. Grundsätzlich gilt, dass man alle Einheiten aus dem Base Camp ins Spiel bringen kann und auf die eigenen Länder verteilen kann. Ein Land kann so viele Einheiten aufnehmen, wie es Produktionspunkte aufweist. Dabei zählt alleine die Anzahl, nicht die Art der Einheiten. Ein paar Einheiten sollte man aber in der Hinterhand behalten, um sie im Verteidigungsfall ins Spiel bringen zu können. Anschließend dürfen sich die so platzierten Einheiten auf ein angrenzendes Land- oder Seefeld bewegen, wobei eine Einheit stets im Ausgangsfeld verbleiben muss. Stehen am Ende der Bewegungsphase unterschiedliche Nationen in einem Land, kommt es – wie sollte es anders sein – zum Kampf. Der wird auch hier mit Würfeln ausgetragen. Der verteidigende Spieler kann dabei noch zusätzliche Truppen aus seinem Base Camp in die umkämpfte Region entsenden. In Abhängigkeit der eingesetzten Einheiten wird mit unterschiedlichen Würfeln gewürfelt, die sich in ihrer Trefferwahrscheinlichkeit unterscheiden. Habe ich dem Gegner einen Treffer zugefügt, darf er (!!!) entscheiden, welche Einheiten er abgibt und welche Einheiten in der zweiten Runde gegebenenfalls weiterkämpfen. Dabei ist die aufsteigende Rangfolge der Einheiten: Infanterie, Panzer, Flugzeuge. Die App begleitet die Spieler dabei durch den Kampf. Steht am Ende nur noch eine oder etwa gar keine Nation in dem Gebiet endet der Kampf. Ein Rückzug ist ebenfalls möglich, kostet aber natürlich entsprechend ein paar Einheiten. Gewinnt der Angreifer oder haben sich die beiden Gegner ausgelöscht, muss man noch die Produktionsleiste angepasst werden. Gewinnt der Verteidiger, entfällt diese Anpassung.

Leaders App

Quelle: rudy Games

Wichtig ist natürlich auch die Phase, in der man die Einstellungen im Hauptquartier vornimmt. Dies geschieht wie schon gesagt im Geheimen und man kann über diese verdeckten Aktionen beispielsweise nicht nur Nachschub an Einheiten beordern, sondern vor allem auch Aktionen wie Spionage oder Diplomatie starten. Auch die Forschung startet man im Geheimen, das Ergebnis wird dann in einer der folgenden Runden für alle sichtbar auf dem Spielertableau abgetragen. Dass das im Geheimen passiert ist natürlich nur schlüssig und so kann man bspw. eine Allianz mit einem Spieler schmieden, der das Angebot dann in seiner „geheimen“ Phase auf dem Bildschirm angezeigt bekommt. Nimmt er die Allianz an, bekommt der anbietende Spieler dies dann später ebenfalls angezeigt. Ab jetzt können die Felder des Allianzpartners wie eigene benutzt werden, so dass man in Gebiete einmarschieren kann, die vorher nicht erreichbar waren. Allianzen können natürlich auch wieder gelöst werden, wenn einem der Allianzpartner zu mächtig wird.

Je nach gewähltem Szenario und Spieltyp gibt es auch unterschiedliche Siegbedingungen. So kann man nicht nur mit reinem Eroberungsverhalten gewinnen, sondern auch durch Forschung und Missionen gewinnen. Das ist im Vergleich zum oben genannten Risiko interessant, da man eben nicht nur kriegerisch vorgeht, sondern sich auch auf andere Bereiche fokussiert. Zwar wird man sich trotzdem verteidigen müssen und kann sich dem Kampf nicht ganz entziehen, man muss aber nicht notgedrungen auf Teufel komm raus andere Länder überfallen und erobern.

 

Was gefallen hat

Zunächst mal muss man vor so einem Projekt den Hut ziehen. Man darf die Komplexität zwei so unterschiedliche Systeme wie ein analoges Brettspiel und einen digitalen Begleiter zu verbinden nicht unterschätzen. Zumal der Verlag – zumindest mir – bisher nie in dieser Richtung aufgefallen ist und ja auch kein Big Player ist, wie die anderen Verlage, die bisher bereits app-unterstützte Spiele veröffentlicht haben. Die unterschiedlichen Bestandteile müssen bei so einem System nahtlos ineinander greifen und jede Unschärfe in der App führt zu einem Auseinanderfallen der beiden Systeme. Hatte ich zunächst die Befürchtung, dass das Brettspiel im Grunde nur noch Offline-Display eines Online-Spiels ist, konnte dies im Rahmen des ersten Tests zerstreut werden. Die App unterstützt mich beim Spiel (bspw. indem sie mich durch den Kampf führt), aber das grundsätzliche Spiel findet nach wie vor auf dem Tisch statt und auch die Würfel werden auf dem Tisch gerollt.

leaders-in-space

Manchmal reicht auch die Herrschaft über einen Planeten Quelle: rudy Games

Die App kommt insbesondere dann ins Spiel, wenn verdeckte Aktionen gemacht werden,die direkt den Gegner betreffen. Bei Spionage kann man so den Gegner ausspionieren, ohne dass dieser es direkt mitbekommt (man darf sich natürlich auch nicht durch entsprechende Äußerungen selber verraten). Auch diplomatische Angebote zu einer Allianz können wie oben beschrieben verdeckt unterbreitet, angenommen und abgelehnt werden. Diese Art des Gameplays lässt sich durch herkömmliche Spielmaterialen wie Karten etc. kaum umsetzen, da die Mitspieler immer mitkriegen würden, wenn ich jemandem eine Allianz-Karte zuschiebe. Sicherlich gibt es auch da Möglichkeiten zum Bluff-Spiel, aber so richtig gut klappt das meistens nicht. Das ist für mich auch der überzeugendste Aspekt an der App-Unterstützung, die darüber hinaus auch ein wenig die Verwaltung der Produktionspunkte übernimmt und einen an die neu hinzuzufügenden Einheiten oder an die neuen Forschungsergebnisse erinnert.

Die App offeriert den Spielern zahlreiche Optionen zum Setup des Spiels, die somit sowohl für Neulinge passen wie auch für alte Hasen, die die Einheiten gerne selber platzieren möchten und keine Vorgabe zu den zu besetzenden Ländern haben möchten. Und hier steckt auch noch einiges Potenzial drin, da man durch App natürlich auch Updates übermitteln kann, die dann per App-Store an alle Spieler ausgeliefert werden und neue Features freischalten. Das muss ja auch nicht immer kostenlos sein und bei größeren Features sind viele Spieler sicherlich auch bereit mal den eine oder anderen Euro einzuwerfen. Ähnlich ist es übrigens auch bei den Erweiterungen, die neue Nationen durch einen Code freischalten und eigentlich nur aus der Nationenkarte und dem Code bestehen.

Schön ist auch, dass die Regel erst mal nur sehr übersichtlich daherkommt. So kann man auch Gelegenheitsspieler überzeugen das Spiel mal auszuprobieren.

Das Material ist grundsätzlich in Ordnung. Der Spielplan ist groß und aus gutem Karton gefertigt, die Spielertableaus sind gestanzt, so dass die platzierten Würfelchen nicht verrutschen können (was sich beispielsweise bei Terraforming Mars als Problemchen herausgestellt hat). Auch diese Spielertableaus sind aus dickem Karton gefertigt und sehr wertig. Das Material erscheint zu dem Preis erst mal sehr übersichtlich, aber man bezahlt natürlich auch die Entwicklung und Weiterentwicklung der App und der zukünftigen Updates mit. Und darin dürfte ein erheblicher Aufwand liegen. Zumal auch alle Spieler, die das Spiel einmal erstanden haben davon profitieren.

 

Was nicht gefallen hat

Leaders hat, wie bereits auf der positiven Seite vermerkt, eine sehr kurze Anleitung. Zwar fasst diese die wesentlichen Aspekte zum Spielaufbau und Rundenablauf zusammen, sitzt man dann aber vor dem aufgebauten Spiel und startet die App, kommt man sich schon ein wenig verloren vor – ‚Lost trotz Application‘ sozusagen. Zwar gibt es eine ausführliche Beschreibung zu allen Aspekten des Spiels auf der Website, andererseits wünsche ich mir das dann noch stärker in die App integriert. Allerdings muss man sagen, dass Leaders nicht nur ein normales Spiel ist, sondern hier wird quasi am lebenden Objekt gearbeitet. Die App und auch das Regelwerk entwickeln sich aktuell noch weiter, so dass eine ausführliche gedruckte Anleitung auch gar keinen Sinn machen würde. Trotzdem wünsche ich mir mehr Informationen in der App.

image1Was in Abhängigkeit der Spieler-Charaktere zu einem Problem werden kann, ist die lange Downtime zwischen den einzelnen Spielzügen. Denn ist man am Zug, versinkt man schon ganz schön in der App bei der Planung im Hauptquartier. Das ist dem interaktiven Spielgeschehen natürlich nicht zuträglich.
Ein Multi-Device-Support wäre hier ggf. wünschenswert. So könnte jeder parallel bereits etwas planen und dann nur noch ausführen. So reduziert sich die Zeit, die der einzelne Spieler in der App verbringt während die anderen warten.
Ansonsten erschien mir die Anzahl der Einheiten insbesondere im Zwei- und Drei-Personen-Spiel etwas knapp zu sein. Hier könnte man für den Preis etwas mehr Material beilegen, damit man nicht auf die Farben der unbeteiligten Farben ausweichen muss.
Ein letzter Punkt noch zu der App – auch wenn ich weiß, dass diese laufend optimiert wird. Hier sollte man noch mal etwas auf die Nutzerfreundlichkeit achten. Teilweise gehen wichtige Dinge etwas unter und man sollte und man könnte vielleicht in der ersten Runde eines jeden Spiels noch mal stärker mit modalen Dialogen arbeiten, die den Nutzer dran erinnern, wo man was machen und finden kann. Vielleicht habe ich es auch übersehen, aber in den ersten Runden habe ich nicht alles ausgenutzt, was man hätte machen können.

 

Fazit

Der erste Eindruck der App-Unterstützung ist sehr positiv und besonders gut gefällt, dass die relevanten Aktion wie Spionage und das Knüpfen von Allianzen im Geheimen ausgeführt werden und nicht sofort offensichtlich sind. Allerdings steckt die ganze Entwicklung hier noch am Anfang und ich würde mir noch einiges an Weiterentwicklung in Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit und Nutzerführung wünschen. Da die Entwickler das ganze System laufend überarbeiten und weiterentwickeln wollen, bleibt es spannend in dem Bereich der app-basierten oder app-unterstützten Spiele.
Ein Hinweis sei noch gestattet an dieser Stelle: Ich würde das Spiel eher erst ab einer Spielerzahl von drei Spielern empfehlen, zu zweit ist doch eher nur eine Notlösung und ich vermute – ich habe es wie gesagt nur angetestet bisher -, dass es ab vier Spielern erst richtig gut zur Sache gehen wird. Außerdem sollte man zu Beginn mit neuen Spielern das „Schnelle Spiel“ wählen, damit alle reinkommen in das Spiel und die Mechanismen.

Zu empfehlen ist noch der Podcast von Manu zum Thema. Zudem plane ich noch ein kleines Interview mit den Entwicklern des Spiels und erhoffe mir hier noch ein paar Hinweise, wie es in Zukunft weitergehen soll bei Leaders. Vorstellbar wäre, dass man das Thema natürlich variieren und ich könnte mir hochinteressante Szenarien für Weltall- oder auch für Mittelalter-Themen (ich denke da an Fief und ähnliche Spiele) mit Legacy-Charakter vorstellen. Der Anfang ist gemacht und vielleicht wird hier eine ganz neue Tür aufgestoßen…

Quellen

Youtube-Channel mit Tutorials zu den wichtigsten Spielmechanismen

Insert Moin Podcast von Manu zu Leaders

Hunter & Cron – Demo auf der Spiel 2016

Website des Verlags mit den Regeln und FAQ

 

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November 29th, 2016 by Dirk
Lesezeit: < 1 Minute

Heute erschienen das gute Stück, da habe ich es natürlich gleich geladen und angetestet.

Die digitale Umsetzung von Colt Express ist dem ersten Eindruck nach sehr gelungen. Der Soundtrack ist westerntypisch und das Gameplay fühlt sich ähnlich an wie beim analogem Bruder. Getestet habe ich bisher nur den Classic Modus gegen zwei Computergegner und bin natürlich direkt erst mal abgeledert worden.

Ich bin als Pendler ein großer Freund der digitalen Umsetzungen und finde, dass Asmodee mit seinen Partnern hier ein tollen Job gemacht hat. Das wird mir die eine oder andere Fahrt versüßen.

Als nächstes schaue ich mir den Storymodus an, bei dem man die Geschichten unterschiedlicher „Westernhelden“ nachspielen können soll.

Die App kostet für iOS 6,99€. Das ist kein Schnäppchen, aber bisher gibt es auch keine In-App-Käufe, so dass man das Geld für so eine tolle Umsetzung durchaus mal raushauen kann.

Jetzt noch ein paar Screenshots aus der App.




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November 29th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 5 Minuten

Der griechische Verlag Artipia Games fiel auf der diesjährigen Spielemesse in Essen mit gleich zwei interessanten Publikationen auf. Neben dem bereits vorab mit positiven Rezensionen (u.a. von Cron von Hunter & Cron) bedachten Pursuit of Happiness, wurde auch die Kickstarter Version des Farm-Spiels Fields of Green ausgegeben – allerdings nur an die Unterstützer, die die „Essen-Pickup“-Option gewählt haben. Um diese sehr nah am Ende der Kickstarter-Aktion gelegene Terminplanung hinzubekommen, wurde das Spiel in einer lokalen Druckerei produziert und nach Essen gebracht. So konnte ich es bereits in Empfang nehmen und nun auch schon spielen. Sowohl Fields of Green als auch Pursuit of Happiness sind derzeit nur in englisch zu erhalten.


Wie es gespielt wird

Fields of Green basiert auf dem bereits länger bekannten und allseits gelobten Among the Stars. Aber wie wir wissen – spätestens jetzt wisst ihr es – sind Weltraum-Themen in der Spieleszene nicht bei allen wohl gelitten. Vor allem die weibliche Zielgruppe mag dann doch lieber realere Themen. Warum also nicht kurzerhand das Thema wechseln? Noch die entsprechend notwendigen Anpassungen an den Regeln vornehmen und fertig ist der Landwirtschaftsklon vom Weltraumspiel. Ganz so einfach wie es klingt war es wohl nicht 😉

Fields of Green ist zunächst mal ein Card Drafting Spiel, bei dem man einen Satz Karten erhält, eine Karte ausspielt und anschließend die restlichen Karten weitergibt. So weit, so klassisch. Allerdings gibt es bei Fields of Green vier unterschiedliche Kartentypen (Felder, Gebäude, Vieh, Anlagen) und jeder Spieler kann sich die sechs zu ziehenden Karten seines Satzes von den vier Stapeln beliebig zusammenstellen. Mindestens drei unterschiedliche Stapel müssen jedoch genutzt werden. Somit kann das Start-Set an Karten jedes Spielers sehr unterschiedlich ausfallen. Aber Fields of Green ist auch ein Tile-Laying-Spiel, denn beim Auslegen der einzelnen Karten kommt es auch noch darauf an, wie man diese auslegt, denn die einzelnen Karten haben teilweise Abhängigkeiten zu anderen Karten. Dabei spielt dann die Reichweite und damit die genaue Lage der Karten im eigenen Tableau eine wichtige Rolle

Am Anfang noch beschaulich...

Am Anfang noch beschaulich…

Alle Spieler starten zunächst mit einem Wasserturm und einem Silo. Letzteres dient zum Lagern von Getreide, Früchten und Gemüse, ersteres sorgt für die Versorgung der Felder mit Wasser.

Zu Beginn der „nur“ vier Runden geht es noch recht beschaulich zu. Man baut ein Feld an oder eine kleinere Viehzucht auf und schon ist die erste Runde zu Ende. Sollte man mal Geld benötigen, kann man eine Karte abwerfen und erhält dafür 2 Geldstücke (bei Abgabe von zusätzlichen Getreidemarkern auch noch etwas mehr, bis zu maximal sechs Geldstücke). Am Ende der Runde gibt es eine Erntephase und man kann nacheinander entscheiden, wo man Wasser einsetzt und Nahrungsmittel erhält oder diese wieder verfüttert, um Geld zu erhalten. Hierbei muss man nicht nur aufpassen, dass man genug Wasser hat, sondern benötigt auch Lagerplatz für das gewonnene Getreide, denn ansonsten verfällt es.

Zu Beginn der neuen Runde werden erst mal der Wasser- und Kornspeicher etwas aufgefüllt und man erhält etwas Geld – wahrscheinlich irgendwelche Subventionen.

Insgesamt werden so vier Runde gespielt und je länger man spielt desto größer wird die eigene Farm und desto weniger Zeit und Muße hat man, um zu schauen, was der Nachbar so auf seiner Farm treibt.

Ernte steht bevorAm Ende der vierten Runde wird noch mal geerntet und anschließend mittels des kleinen Punkteblocks (sehr löblich diese Dreingabe!) die Punkte gezählt. Diese erhält man für eine Vielzahl von unterschiedlichen Segmenten. Einerseits für Geld (3:1), Nahrung (2:1) und verbrauchtes (!!!) Wasser (je leerem Wasserturm 1 Punkt). Die einzelnen Felder, Viecher und Anlagen bringen Punkte gemäß Angabe auf der Karte. Interessant sind die Gebäude, die Punkte für bestimmte andere Felder, Viecher oder bestimmte Gemüse, Frucht oder Anagen bringen. Zudem gibt es noch Ausstattungskarten, die man während des Spiels einsammeln kann, die auch am Ende des Spiels Punkte einbringen.

Schön ist, dass die Zwei-Spieler-Variante den Spielablauf etwas abändert und aus einem Deck von insgesamt zwölf Karten sechs als allgemeine Auslage aufgedeckt werden. Der Startspieler wählt zuerst eine aus, dann der andere Spieler. Danach wird die Reihe der Karten wieder auf sechs aufgefüllt und weiter ausgewählt – solange, bis alle Karten weg sind. In der folgenden Runde wechselt der Startspieler und das Ganze startet von vorn. Eine schöne Variation des Drafting-Mechanismus, um ihn auch für zwei Spieler umsetzen zu können.

 

Was uns gefallen hat

Die Grafik des Spiels ist wunderschön und zieht die Spieler richtig in die Landwirtschaftswelt hinein. Thematisch passend sind meistens die Effekte der Karten designt. Ein Beispiel dazu: Die Hasen werden im Laufe des Spiels immer mehr, fressen entsprechend mehr, liefern auf der anderen Seite einen höheren Ertrag (ja, Landwirtschaft ist mittlerweile auch nur noch Business…). Solche Sachen gefallen mir in Spielen immer ausgesprochen gut. Dafür gibt es einen Sonderpunkt…

Insgesamt ist das Gameplay sehr rund und schnell erlernt und hat man erst mal die Karten und Typografie drauf, geht es auch mit dem Drafting schnell zur Sache. Kennen alle Mitspieler das Spiel, dann bekommt man eine Partie zu viert sicher auch schon mal einer Stunde über die Bühne. Die Spielzeit wächst mit mehr Spielern ohnehin nicht unbedingt wesentlich an, da man ja viele Spielschritte parallel durchführen kann und auch dann maximal sechs Karten je Spieler ins Spiel kommen.

Das Material ist über jeden Zweifel erhaben. Die Ressourcenmarker sind wirklich schön und hochwertig hergestellt. Die Karten sind Industriestandard und die Pappteile sind sehr gut gefertigt. Allerdings gilt hierbei zu beachten, dass meine Version die Essen-Pickup-Version st, die in einem anderen Herstellungslauf produziert wurde.

Gut gefiel uns auch die leichte Mechanikveränderung im Zwei-Personen-Spiel, die das Drafting auch bei zwei Personen interessant hielt.

 

Was uns nicht gefallen hat

Drücken wir es mal so aus: Des einen Freud ist des anderen Leid. Mir fehlte manchmal etwas Interaktion mit dem Mitspieler am Tisch. Das dürfte einigen Menschen allerdings gut gefallen, die es eben gerade nicht mögen, wenn ihnen jemand ihre Pläne durchkreuzt und die lieber ihr Tableau möglichst gut und in Ruhe optimieren wollen. Aber vielleicht bringt die kleine Erweiterung „Events“ noch mal etwas Schärfe ins Spiel, die hatten wir nämlich noch nicht ausprobiert.

Weiterhin ist es gegen Ende äußerst schwierig alles im Blick zu behalten. Den Überblick zu haben, welche Karte dem Mitspieler gegebenenfalls viel bringt, um genau diese dann gegen Geld zu „verbrennen“, wird im fortschreitenden Spiel immer schwieriger. Das ist aber auch irgendwie thematisch, denn je größer der eigene Betrieb wird, desto weniger Zeit bleibt für die Nachbarschaftsspionage.

Auch benötigt man ein wenig Zeit, die einzelnen Karten in den ersten Runden kennenzulernen. Je öfter man spielt, desto leichter fällt das dann jedoch.

 

Fazit

Fields of Green ist eine interessante Kombination aus Card-Drafting und Tile-Laying, die mit dem wunderschön gestalteten Landwirtschaftsthema überzeugen kann und thematisch toll designte Spielmechanismen kombiniert. Für mich ein kleiner Geheimtipp und ähnlich toll wie Pursuit of Happiness, wenn auch etwas bodenständiger und taktischer. Letzteres ist aber bei den meisten Card Drafting Spielen der Fall. Wer Interesse hat, kann das Spiel auf der Seite von Artipia Games noch vorbestellen. Vielleicht erscheint es ja auch auf deutsch beim Schwerkraft Verlag, der auch Among the Stars veröffentlicht hat. Wer jedoch sicher sein will, dass er auch mit eventuellen Erweiterungen versorgt wird (dafür bietet das Spiel noch ausreichend Potenzial) und die englische Sprache nicht scheut, sollte ruhig zum englischen Original greifen.


Quellen

Homepage Artipia Verlag
Boardgamegeek Seite
Runthrough von Rahdo

 

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November 16th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 6 Minuten

Gibt es für einen kleinen Verlag, der sich neu im hart umkämpften Spielemarkt etablieren möchte, etwas besseres als ein Uwe Rosenberg Spiel als ersten Titel zu veröffentlichen? Ich glaube nicht…obwohl…vielleicht, wenn es fehlerfrei veröffentlicht worden wäre (dazu später mehr). Aber eigentlich hat die Edition Spielwiese alles richtig gemacht. Schon vor der Veröffentlichung war das Interesse rund um das familientaugliche Gartenspiel so groß, wie es sich viele Verlage wünschen würden – und für kleine Verlage ist sowas natürlich fast schon Luxus. Umso interessanter war es, zu schauen, inwiefern der „Hype“ gerechtfertigt ist und das Spiel mit dem „Patchwork-Mechanismus“ (ein häufig verwendeter Begriff dieser Tage) sich auch genug von selbigem unterscheidet, um für sich zu stehen.

Wie es gespielt wird

Cottage Garden dürfte für alle Patchwork-Fans einfach zu lernen sein, auch wenn es kleinere Neuerungen einführt. In der Mitte des Tisches liegt ein großer Spielplan (die sogenannte Gärtnerei), auf dem die zur Verfügung stehenden Gartenteile in Reihen ausgelegt werden. Um den Spielplan herum ordnet man die restlichen Gartenteile in zufälliger Reihenfolge an und markiert das Ende dieser „Schlange“ mit dem kleinen Papp-Schubkarren. Den grünen Würfel (aka „Gärtner“), der gleichzeitig als Rundenzähler fungiert, legt man mit der Ziffer 1 nach oben auf das Startfeld. Neben dem Feld legt man Blumentopf-Plättchen und Kätzchen bereit. Jeder Spieler erhält nun seinen Pflanztisch und zwei leere Blumenbeete (eins mit der hellen Seite nach oben, eins mit der dunklen Seite nach oben) und platziert seine sechs Punktewürfel (drei rote, drei blaue) auf dem Startfeld. Zusätzlich erhält jeder Spieler  noch zwei Kätzchen. Ein zufällig ausgewähltes Blumenbeet wird neben dem Spielplan bereit gelegt, die restlichen gehen zurück in die Schachtel. Damit ist das Spiel soweit vorbereitet und es kann schon losgehen.

Der Startspieler sucht aus der „Gärtnerreihe“, angezeigt durch den grünen Würfel, ein passendes Plättchen aus und legt es auf eines seiner Blumenbeete. Welches der beiden Beete er dabei wählt, bleibt ihm überlassen. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass Blumentöpfe und Glasglocken, die auf den Blumenbeeten in unterschiedlicher Anzahl und Verteilung aufgedruckt sind, möglichst nicht überbaut werden. Die bringen am Ende nämlich die Punkte. Hat der Spieler das Plättchen platziert, schiebt er den Gärtnerwürfel ein Feld weiter und der nächste Spieler ist an der (Gärtner)Reihe und wählt sich aus der neuen Reihe ein Plättchen und so weiter. Liegt zu Beginn eines Zuges in einer Gärtnerreihe nur noch ein oder gar kein Plättchen mehr, so wird die entsprechende Reihe mit Teilen aus der Schlange aufgefüllt. Dieses Auffüllen kann man auch forcieren, indem ein Katzen-Plättchen abgibt und so auch bereits früher Nachschub erhält, der einem vielleicht besonders gut in den Kram das Beet passt.


Ziel ist es nämlich, seine Beete schnellstmöglich zu füllen, ohne jedoch Blumentöpfe und Glasglocken zu überbauen. Das geht natürlich nicht immer mit den ausliegenden Teilen. So hat man zwei weitere Möglichkeiten, die Lücken zu füllen.  Einmal kann man die kleinen Kätzchen im Beet platzieren (soooo niedlich!). Die bringen aber am Ende keine Punkte. Jedoch kann man jederzeit während seines Zuges so viele Kätzchen wie man möchte aus seinem eigenen Vorrat im Beet platzieren. Aber Vorsicht! Der Vorrat ist begrenzt und wird nur in bestimmten Fällen wieder aufgefüllt. Die andere Möglichkeit Lücken im Beet zu stopfen besteht darin, dass man anstatt ein Plättchen aus der Gärtnerei zu nehmen, einen Blumentopf aus dem Vorrat an der Seite nimmt. Dieser ist am Ende wie die aufgedruckten Blumentöpfe auch einen Punkt wert. Ein Kätzchen kann ich auch hier zusätzlich noch platzieren und so vielleicht ein Beet komplettieren.

Hat man nun eine Beet vollständig gefüllt, kommt es zur Wertung. Jeder (sichtbare) Blumentopf ist einen Punkt wert, auch die auf den Plättchen aufgedruckten. Jede (sichtbare) Glasglocke ist zwei Punkte wert. Die Punkte trägt man mit den kleinen roten (Blumentopf-Punkte) und blauen (Glasglocken-Punkte) Würfelchen auf seinem Pflanztisch ab. Es darf dabei nur einer der Würfel der drei für jede Farbe zur Verfügung stehenden Würfel bewegt werden, so dass man sich entscheiden muss, welcher das sein soll. Und das kann durchaus entscheidend sein, da es auf der Punkteskala bestimmte Auslöser gibt, die einem im weiteren Spielverlauf unter Umständen helfen können. So erhält man bei Überschreiten der roten Linie (entspricht einem Sprung von sechs auf sieben bzw. acht Punkte) ein Kätzchen (es jagt wahrscheinlich nach den durch uns aufgeschreckten Mäusen). Auch wichtig ist der Schritt in die Endzone, da man so einen Sprung von 15 bzw. 14 auf 20 Punkte macht. Dazu erhält der Spieler, der dieser Endzone als erster erreicht, ein Bienenstock-Plättchen, das am Ende zwei Punke wert ist. Und schlussendlich erhält man sofort einen Blumentopf, wenn man alle Würfel einer Farbe aus dem Startfeld bewegt hat. Dieser muss allerdings direkt verwertet werden. Insgesamt hat man durch die Punkteleiste noch mal ein paar taktische Optionen, die man bei der Wertung bedenken sollte. Dabei sollte man auch in Betracht ziehen, was das bereits in Arbeit befindliche Blumenbeet in einer der nächsten Züge gegebenenfalls an Punkten liefert.


Nach der Wertung gibt man das Blumenbeet ab, Blumentopf- und Katzen-Plättchen gehen in den allgemeinen Vorrat zurück und man nimmt sich das in der Mitte liegende Blumenbeet. So geht es Runde um Runde, bis der Würfel die Zahl sechs anzeigt. Nun beginnt die Schlussrunde, die mit ein paar Besonderheiten aufwartet. Zunächst mal werden alle Blumenbeete abgeräumt, die weniger als drei Garten-Plättchen zeigen (Katzen und Blumentöpfe zählen hierbei nicht). Von nun an  verliert man zu Beginn seines Zuges zwei Punkte und muss sich entscheiden, welchen seiner Würfel man die entsprechenden Schritte zurückzieht. Danach nimmt man wie gewohnt ein Teil, integriert es möglichst passend in sein Beet und der nächste ist dran. Spieler, die ihr letztes Beet fertiggestellt haben, werten dieses und sind ab jetzt nicht mehr aktiver Teil des Spielgeschehens. Sind alle Beete fertig, wird abgerechnet und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

 

Was uns gefallen hat

Gegenüber Patchwork, den Vergleich  muss sich das Spiel leider wohl immer gefallen lassen, fügt Cottage Garden eine Vielzahl kleiner Mechanismen und taktischer Kniffe hinzu. So wird das Spiel etwas tiefer als es Patchwork je sein kann. Nichtsdestotrotz merkt man der DNA des Spiels seine Abstammung an. Die taktischen Möglichkeiten und das vorausschauende Spiel machen Cottage Garden vor allem für Vielspieler auch interessant ohne dabei aber Gelegenheitsspieler chancenlos dastehen zu lassen und somit zu verschrecken. Es ist somit das ideale Spiel für die gemischte Runde oder den lockeren Spieleabend mit Freunden, eignet sich aber auch als leichterer Leckerbissen für die Vielspielerrunde.

Darüber hinaus wurde mit dem kleinen Erklärvideo ein neuer Maßstab gesetzt. „Das Regelheft in der Packung lassen.“ – genau diese HIlfestellungen sind es, die neue Zielgruppen an die Spieltische holen können oder alte wieder zurückholen. Gab es zwar vorher schon, hier ist es mir aber besonders positiv aufgefallen und gerade bei weniger komplexen Spielen kann man ein solches Erklärvideo recht gut und kurzweilig umsetzen. Das wünsche ich mir zukünftig bei mehr Spielen. Auch wenn es mittlerweile massenhaft Runthroughs auf youtube gibt, diese sind nicht immer so strukturiert, dass man gleich danach losspielen kann.

Die Gestaltung und Ausstattung ist sein Geld mehr als wert und dürfte nahezu alle Zielgruppen im Bereich der Spielebegeisterten ansprechen. Es geht nicht kriegerisch zu und man kann auch den Mitspieler nicht übel mitspielen. Es ist geradezu idyllisch im Cottage Garden. Die Kätzchen sind natürlich besonders niedlich und auch die Spielertableaus (Pflanztisch) sind liebevoll und detailliert gestaltet. Cottage Garden spricht vor allem auch ältere Spieler und meiner Meinung nach wohl auch besonders Frauen an, die sich vom eher ungewöhnlichen Thema durchaus anziehen lassen. Es mag eben nicht jeder Fantasy, Zombies, Wikinger oder alles drei zusammen. Und genau das ist es, was Cottage Garden ausmacht: Es spricht eine Zielgruppe an, die vielleicht mal wieder Lust hat zu spielen, aber auf der Suche nach was frischem ist, abseits von Mittelalter-Legespielen und Stichspielen.

Cottage Garden hat aus meiner Sicht genau deshalb das Zeug zum Spiel des Jahres, denn es hat einen tollen Mechanismus, ist liebevoll und familientauglich gestaltet und hat genau das richtige Spielniveau. Dazu funktioniert es unterschiedlichsten Besetzungen und liefert sogar eine Solo-Variante mit. Jury-Herz, was willst du mehr? Ich drücke der Edition Spielweise auf jeden Fall die Daumen, dass sie es mindestens auf die Empfehlungsliste schaffen. Verdient wäre eine Auszeichnung jedoch allemal, liebe Jury!

 

Was uns nicht gefallen hat

Eigentlich hat uns gar nichts nicht gefallen.

Von daher möchte ich nur erwähnen, dass bei der Produktion der ersten Edition leider das Spielbrett auf beiden Seiten gleich bedruckt wurde (mit dem Spielbrett der Vier-Spieler-Version). Aber die Edition Spielwiese hat hier direkt Abhilfe geschaffen indem sie allen Erstkäufern in Essen ein Reparaturset mitgegeben hat, so dass man den Fehler kaum noch bemerkt – vorausgesetzt man kann gerade schneiden und kleben. Außerdem ist somit jedes Spiel ein Unikat. 🙂 Vielleicht besteht ja sogar die Möglichkeit, dass Käufer der ersten Auflage ein entsprechendes Ersatz-Spielbrett bekommen, wenn es in der zweiten Auflage nachproduziert wird (hoffentlich dann aber ganz ohne Fehler).

 

Fazit

Die Edition Spielwiese hat alles richtig gemacht. Autor, Spiel, Gestaltung und Ausstattung des Spiels sind aller Ehren wert. Auch wenn sich die Verantwortlichen über den Fauxpas mit dem Fehldruck sicherlich geärgert haben werden, traue ich dem Spiel wirklich gute Chancen für eine Berücksichtigung im Rahmen der Spiel des Jahres Verleihung zu. Dem ganzen Team der kann man zu diesem Erstlingswerk nur gratulieren. Und wer in Berlin ist, kann ja mal reinschauen, bei der spielwiese.

 

Quellen:

Edition spielwiese Verlagsseite

Spielwiese Berlin (Ludothek und Shop)

Boardgamegeek Eintrag

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November 10th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 5 Minuten

Wie bereits im Interview mit ode. angekündigt, folgt nun noch die Rezension zu seinem neuen kleinen Spiel La Granja – No Siesta!.
Die zwei ersten Bilder zeigen den Prototypen in der Entwicklung und wurden von ode. zur Verfügung gestellt. Am Ende dann das fertige Spiel, aufgenommen von mir.


Mit La Granja konnte Andreas Odendahl (aka ode.) einen Achtungserfolg bei Vielspielern landen. Das Spiel mit dem Würfelmechanismus kam bei Vielspielern gut an und wurde 2015 in Portugal zum Spiel des Jahres gewählt. Der Würfelmechanismus war es dann wohl auch, der ode. dazu veranlasst hat, das Spiel vereinfachen zu wollen und den Mechanismus mit dem Würfel als zentrales Element zu erhalten. Ob dieses Unterfangen gelungen ist, galt es herauszufinden. Und wo kann man das am besten? Genau! Auf Mallorca.

 

Wie es gespielt wird

Bei No Siesta dreht sich alles um die Würfel. Pro Spieler werden zwei Würfel in den Pool gelegt und dann noch einer dazu oder mathematisch ausgedrückt: Anzahl Würfel = Anzahl Spieler x 2 + 1. Diese Würfel werden dann vom Startspieler gewürfelt und jeder Spieler wählt sich reihum einen Würfel aus. Das Ergebnis trägt jeder Spieler auf seiner Ertragsleiste mittels Holzscheiben ab, von denen er am Anfang vier besitzt. Die verbleibenden Würfel werden erneut gewürfelt, jeder Spieler wählt wieder einen Würfel aus und trägt ihn auf der Ertragsleiste ab. Dann wird der letzte Würfel gewürfelt, dieser gilt dann für alle Spieler zugleich. Mit den so auf der Ertragsleiste abgetragenen Gütern kann man dann unterschiedliche Bereiche seines Hofes vervollständigen. Dazu hat jeder Spieler vor sich ein Blatt mit einem aufgedruckten Hof liegen. Auf diesem kreuzt er die entsprechenden Güter dann mittels eines kleinen beiliegenden Bleistiftes (ich muss immer an ein gewisses schwedisches Möbelhaus denken) an.

Zunächst aber noch ein Blick auf die möglichen Güter, die man mittels der ausgewählten Würfel bekommen kann.

  • Oliven, Getreide, Weintrauben: Dies sind die sogenannten Erntegüter, die man insbesondere für die Martkarren und den Fernhandel verwenden möchte. Zusätzlich kann man Erntegüter in einer Lagehalle sammeln oder zum Anwerben von Helfern verwenden.
  • Münzen: Diese benötigt man vor allem für die Dachschindeln des Schuppens
  • Schwein und Esel: Diese benötigt man ähnlich der Erntegüter für die Marktkarren, den Fernhandel, das Anwerben der Helfern und kann auch diese in einem Stall ansammeln.
  • Siesta-Hüte: Diese braucht man ebenfalls für Marktkarren und Helfer, aber auch für die im Spiel nicht ganz unwichtige Siestaskala. Was diese soll und warum sie wichtig ist, werden wir später noch sehen.

Ist die oben beschriebene Würfelphase abgeschlossen, werden die auf der Ertragsleiste liegenden Plättchen für das Komplettieren der unterschiedlichen Bereiche des eigenen Hofes verbraucht. Nutzt man bspw. eine Münze für eine Schindel des Schuppens (diese müssen von links (zwei Münzen je Schindel) nach rechts (vier Münzen je Schindel) abgearbeitet werden) so nimmt man die Scheibe von der Ertragsleiste und kreuzt das erste Münzfeld der ersten Schindel an. So ähnlich geht das auch mit den anderen Bereichen vor sich. Bei den Marktkarren müssen die Waren ebenfalls von links nach rechts „aufgeladen“ werden, wohingegen man beim Anheuern der Arbeiter, der Lagerhalle und dem Stall keinerlei Beschränkungen unterliegt. Besonders ist noch der Fernhandel, bei dem man drei mal die gleiche Ware in einem Zug abliefern muss – also bspw. drei Mal Weintrauben. Die unterschiedlichen Bereiche liefern bei Komplettierung nicht nur Siegpunkte, sondern erlauben es auch, Modifikationen vorzunehmen bzw. mehr Siegpunkte zu bekommen.

    • Schindeln auf dem Schuppen liefern interessante Einmalvorteile wie bspw. Erntegüter oder Tiere, die man dann zu einem beliebigen Zeitpunkt in einem seiner Züge einlösen kann. So lässt sich bspw. ein Fernhandel relativ leicht erledigen, denn es gibt bspw. auch Schindeln, die zwei Erntegüter liefern. Da man die Schindeln verdeckt zieht, kommt es hier ein wenig auf Glück an. Schlussendlich liefern die teureren Schindeln dann noch mehr Siegpunkte als die günstigeren.

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  • Arbeiter liefern ähnlich wie die Schindeln ebenfalls Vorteile, allerdings sind diese dauerhafter Natur und nur einmal in jeder Runde einsetzbar. Zusätzlich liefern die teureren Arbeiter dann ebenfalls Siegpunkte.
  • Marktkarren, die komplettiert sind und ausreichend Esel vorgespannt haben, liefern sog. Handelswaren, die sich als Joker einsetzen lassen und die Besonderheit besitzen, dass man genau eine Handelsware in die nächste Runde mitnehmen kann. Weiterhin darf ein Spieler nach der Komplettierung eines Marktkarrens eine seiner vier Ertragsscheiben „opfern“ und am Markt von Esporles als Bonusmarker hinterlassen. Diese fehlt einem dann zunächst im eigenen Vorrat der Ertragsscheiben, liefert aber am Ende wertvolle Zusatzpunkte, bspw. einen Punkt je Dachschindel, je angeheuertem Arbeiter, je ausgeführtem Fernhandel usw. Außerdem ist die Anzahl der Scheiben je Punktekategorie begrenzt (auf eine weniger als Mitspieler dabei sind), so dürfen in einer 3-Spieler-Partie nur zwei Mitspieler ein und dieselbe Kategorie besetzen.
  •  Jeder ausgeführte Fernhandel liefert  eine Handelsware und am Ende zwei Punkte, nicht mehr und nicht weniger.
  • Füllt man Lagerhalle oder Stall mit Erntegütern und Tieren, so bekommt man am Ende je Satz Erntegüter und je Satz Tiere einen Punkt.

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Interessant wird es bei den Hüten. Nicht „verbrauchte“ Hüte führen zu einem Vorrücken auf der Siestaskala, die zwölf Felder umfasst. Je Schritt auf der Leiste gibt es am Ende einen Punkt und an bestimmten Punkten auf der Leiste erhält man zusätzliche Ertragsscheiben aus einem allgemeinen Vorrat. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn man bereits Ertragsscheiben auf dem Markt von Esporles eingesetzt hat. Weiterhin löst das Erreichen des letzten Feldes der Siestaskala durch einen der Spieler das Ende des Spiels aus.

 

Was uns gefallen hat

Die Mechanik des Spiels mit den Würfeln ist für Spieler, die die moderneren Würfelspiele kennen, eingängig, andere brauchen einen kurzen Augenblick das Geschehen auf dem Spieltisch komplett zu erfassen. Spätestens nach zwei, drei Runden ist aber allen klar wie der Hase der Esel läuft.

Das Wettrennen um das Erfüllen der einzelnen Bereiche und das Taktieren um die Zusatzpunkte in Esporles machen das Spiel insbesondere nach ein paar Partien extrem spannend. Zusätzlich kann man die Mitspieler unter Druck setzen, indem man seine Scheibe auf der Siestaskala nach oben treibt und so auf viele Punkte in diesem Bereich spielt und gleichzeitig das Ende des Spiels auszulösen droht. Diese Mechanik, die zunächst etwas versteckt daherkommt, ist tatsächlich sehr spannend und bei uns auch erst nach ein paar Partien richtig zur Geltung gekommen. Schön ist auch, dass der Glücksanteil mit fortschreitendem Spiel immer weiter sinkt, weil Arbeiter und Schindeln sowie Handelswaren ein Optimieren der Würfelergebnisse erlauben.

Gut gefällt auch die Solovariante, die natürlich wie die meisten anderen Solovarianten auch „nur“ eine Highscore-Jagd ist – aber die macht höllisch Spaß!

Die Ausstattung ist dem Preis mehr als angemessen und man bekommt ein vollwertiges kleines und sehr transportables Spiel.

 

Was uns nicht gefallen hat

Ungeübten Spielern – und an diese richtet sich das Spiel ja in erster Linie auch – könnte es etwas schwer fallen die Regeln auf Anhieb zu erfassen, denn für ein Würfelspiel ist hier schon eine Menge los. Hier hat die Edition Spielwiese bei Cottage Garden einen neuen Standard gesetzt mit einem tollen kleinen Erklärvideo. Das würde bei No Siesta sicherlich auch helfen, dass sich ungeübte Spieler schneller zurecht finden. Auch wenn die Seiten des Abreißblocks mit den aufgedruckten Höfen beidseitig bedruckt sind, mache ich mir schon Gedanken über Nachschub. Diesen wird man hoffentlich beim Verlag bekommen – aber noch sind genügend Höfe zu bestellen…

Bemängelt werden könnte auch, dass die Würfel nicht bedruckt sind, sondern noch selbst beklebt werden müssen. Uns hat es nicht gestört, zumal die Anzahl der Würfel mit insgesamt neun Würfeln noch überschaubar ist.

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Fazit

Wir hatten eine Menge Spaß mit dem La Granja Würfelspiel. Es empfiehlt sich für Vielspieler als transportable Alternative zum großen La Granja oder einfach als schöner Opener oder als Abschluss eines Spieleabends. Insbesondere eignet sich das Spiel auch für Gelegenheitsspieler, da es vom Spielgeschehen sehr übersichtlich ist und einfach ziemlich flott vorwärts geht. Außerdem mag ich Spiele, die man an einem Abend dreimal hintereinander spielen kann.

Für uns hat sich die Anschaffung schon gelohnt. Und das Spiel thematisch passend auf Mallorca zu spielen hat uns besonders gut gefallen.

 

Quellen

Boardgamegeek-Seite

Verlagsseite

Interview mit ode.

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Oktober 11th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 4 Minuten

Wer kennt sie nicht, die Liedzeile aus dem Lied von den Rainbirds (wenn du es nicht kennen solltest, bist du einfach nur zu jung, kein Problem…)? Und da ich sowohl für Städtebauspiele als auch für Würfelspiele eine gewisse Neigung habe, schien bei Blueprints, erschienen bei Z-Man-Games und erdacht von Yves Tourigny, einiges liebenswertes zusammenzukommen.

 

Wie es gespielt wird

Blueprints ist ein Würfelspiel, aber keines im eigentlichen Sinne und auch keines im klassischen Kniffel-Sinne. Aufgabe ist es, einen vorgegebenen Bauplan mit sechs Würfeln nachzubauen. Die Würfel, die dazu zur Verfügung stehen, liegen in einem Pool aus sieben bis neun Würfeln (spielerzahlabhängig) bereit. Zu Beginn eines Zuges wählt der Spieler einen der Würfel aus und baut ihn gemäß der Bauregeln in sein Gebäude ein. Die Bauregel besagt dabei, dass die Augenzahl des oberen Würfels größer oder gleich der des unteren Würfels sein muss. Bei der Auswahl der Würfel spielt also die Augenzahl eine nicht unerhebliche Rolle, denn gelegte Würfel dürfen nicht mehr verändert werden. Das Ganze geschieht übrigens im Verborgenen, denn jeder Spieler besitzt einen Sichtschirm, hinter dem er seinen Bauplan versucht zu vervollständigen. Insgesamt gibt es vier unterschiedliche Materialien symbolisiert durch vier Würfelfarben. Diese unterscheiden sich in der Art und Weise wie sie am Ende Punkte bringen.

  • orange Würfel (Holz) bringen zwei Punkte je angrenzendem anderen Würfel
  • grüne Würfel (Recycling Material) punkten aufgrund ihrer Anzahl. 1 Würfel zwei Punkte bis hin zu 30 Punkte, wenn man sechs grüne Würfel in seinem Gebäude verbaut hat.
  • durchsichtige Würfel (Glas) bringen Punkte in Abhängigkeit der Augenzahl – also zwischen eins und sechs
  • schwarze Würfel (Stahl) bringen Punkte in Abhängigkeit der Ebene in der sie im Gebäude verbaut sind (zwei Punkt im Erdgeschoss, drei Punkte im zweiten Stock, fünf Punkte im dritten Stock und acht Punkte ab dem vierten Stock. Wichtig ist, dass kein Bauplan höher als drei Stockwerke geplant ist. Will man die acht Punkte, muss man den Bauplan auf jeden Fall links liegen lassen.

Der Bauplan für das jeweilige Bauwerk ist dabei auf einer kleinen Karte in 3D und in der Draufsicht dargestellt. Dabei ist daher Bauplan keinesfalls bindend, der Bauherr kann diesen auch verlassen. Warum das sinnvoll sein könnte, werdet ihr später erfahren. Hat man seinen Würfel dann in seinem Zug platziert, zieht man aus dem beiliegenden Säckchen einen neuen Würfel und würfelt ihn in die Würfelauslage. Anschließend wählt der nächste Spieler einen Würfel und so weiter. Das Ganze endet nach sechs Spielrunden.

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Quelle: boardgamegeek.com

Anschließend kommt es zur Rundenwertung. Dabei werden die Würfel je nach Farbe entsprechend gewertet und auf dem Punktetableau abgetragen. Hat ein Spieler seinen Bauplan erfüllt, bekommt er sechs Sonderpunkte. Der Spieler mit den meisten Punkten erhält nun die Gold-Auszeichnung, die drei Punkte wert ist, der mit den zweitmeisten Punkten die Silber-Auszeichnung (2 Punkte) und der mit den drittmeisten die Bronze-Auszeichnung (1 Punkt). Der Letzte erhält keine Auszeichnung. In jeder Runde werden dazu noch folgende Sonder-Auszeichnungen vergeben, die jeweils 2 Punkte wert sind. Und zwar:

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Quelle: boardgamegeek.com

  • Alle Ziffern (1-6) sind im Gebäude vertreten
  • Fünf Würfel im Gebäude hab
    en dieselbe Farbe
  • Vier Würfel im Gebäude haben denselben Zahlenwert
  • Der Spieler hat das höchste Gebäude mit mindestens fünf Stockwerken

 

Das interessante bei diesen Auszeichnungen ist, dass der Spieler, der vielleicht bei den Standard-Auszeichnungen leer ausgegangen ist, so über zwei dieser Auszeichnungen, die er gewinnt dennoch 4 Punkte ergattern kann. Und um dies zu erreichen, macht es Sinn gegebenenfalls auch mal den eigentlich angedachten Bauplan zu verlassen.

Was uns gefallen hat

Blueprints ist schnell erklärt, hat einen eingängigen Mechanismus und es macht Spaß Stein auf Stein bzw. Würfel auf Würfel zu setzen. Besonders auch Neulinge tun sich leicht, das Spiel zu erlernen – egal ob Vielspieler oder Gelegenheitsspieler. Das Tollste ist aber, dass das Spiel in nahezu jeder Besetzung zu gefallen weiß. Bei der Zwei-Spieler-Variante wählt man einen Würfel zum Einbau ins Gebäude und einer wird aus dem SPiel genommen. Anschließend werden zwei Würfel nachgezogen. Dieser Kniff macht das Spiel zu zweit taktischer und etwas anders als das Spiel zu dritt und zu viert. Hervorzuheben sind die Würfel, die toll gefertigt sind und toll rollen. Darüber hinaus sollte betont werden, dass es sich bei Blueprints um ein sehr kompaktes Spiel handelt, wenn auch nciht Micro, so zumindest ein Midi-Spiel und sehr transportabel.

Was uns nicht gefallen hat

Hier gibt es wenig zu beklagen. Der Beutel zum Nachziehen der Würfel hätte etwas größer sein, hat aber ansonsten eine tolle Qualität. Die Sichtschirme hinter denen man seine Gebäude errichtet hätten auch etwas größer ausfallen könne, denn insbesondere, wenn man bewusst hohe Gebäude baut, werden das die Mitspieler merken. Insbesondere im Zwei-Personen-Spiel kann dies durchaus entscheidend sein, wenn einem der Gegner immer die hohen schwarzen Würfel aus dem Spiel wirft. Darüber hinaus spielt hier, ähnlich wie bei vergleichbaren Konzepten (wie Roll for the Galaxy), das Vertrauen an die Mitspieler eine große Rolle, denn hinter dem Sichtschirme könnte man auch ganz gut schummeln.

Fazit

Bei Blueprints macht es einfach Spaß, die Baupläne mit den toll gefertigten Würfeln nachzubauen und zu versuchen möglichst viele Punkte in jeder Runde zu ergattern oder Sonder-Auszeichnungen zu erreichen. Klar ist dabei auch immer ein wenig Glück dabei und manche Würfel muss man einfach versuchen zu nehmen (durchsichtige Würfel mit einer „6“ bspw.), aber dennoch ist auch genügend taktische Finesse vonnöten. Wieder einmal erstaunlich ist, was für ein gutes Spiel man aus einer Handvoll Würfel und ein paar Karten machen kann. Blueprints kommt bei uns immer wieder gerne auf den Tisch. Schade nur, dass man nicht noch mal über Erweiterungen nachgedacht hat. Andererseits, warum ein gutes und geradliniges Spiel unnötig aufblähen. Aus unserer Sicht ein absolut unterschätztes Spiel in deutschen Landen, das es verdient hätte in mehr Wohnzimmern gespielt zu werden.

 

Links

Boardgamegeek-Seite

Verlagsseite

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September 14th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 2 Minuten

Mit „Die Kolonisten“ bringt Lookout Spiele dieses Jahr wieder ein großes Spiel mit zur Messe nach Essen. Glücklicherweise wurde bereits eine erste Regel veröffentlicht, die einen Einblick in das Einführungsspiel ermöglicht. Gut so, denn das Spiel kostet doch viel Geld (60 Euro) und man möchte sich natürlich im Vorfeld informieren, ob das Spiel dieses viele Geld wert ist.

Zunächst möchte ich anmerken, dass die Art und Weise einem das Spiel mittels einer kompletten (!!!) Zwei-Spieler-Partie in Prosa-Form näherzubringen absolut genial ist. Man bekommt einen tollen Eindruck vom Spiel und versteht sehr gut, wie es funktioniert. Dabei handelt es sich um einen äußerst interessanten Mechanismus, der teilweise an bestehende erinnert, diese aber irgendwie doch verändert. Sicherlich erkennt man bekanntes, aber auch neues. So bewegt man sich mit einem Kolonisten auf einem variablen Spielplan von Ort zu Ort (hallo „Istanbul“) und hat an den unterschieldichen Orte verschiedene Möglichkeiten Rohstoffe zu bekommen oder Gebäude zu bauen. Zusätzlich hat jeder vor sich ein Spielerbrett auf dem er die gebauten Gebäude auslegt. Das Spiel setzt sich aus fünf Jahres-Runden zusammen, bei denen jeweils eine Sommer- und eine Winter-Runde gespielt wird. In jeder Jahreszeit kann man drei „Schritte“ auf dem Spielplan gehen und dementsprechend drei Aktionen durchführen. Insgesamt kann man (ohne möglicherweise noch zusätzliche Sondereffekte zu nutzen) also 30 Aktionen im Spielverlauf ausführen. Das macht das Spiel zunächst mal überschaubar, allerdings wird der Spielplan am Ende jedes Jahres mit drei weiteren Sechseckplättchen ergänzt, so dass es im Spielverlauf auch immer mehr Aktionsmöglichkeiten gibt.

Das Einführungsspiel macht neugierig auf mehr. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das Spiel sich weiter ausbauen lässt und was Lookout noch im Köcher gelassen hat. Denn nach epischem Ausmaß, wie es in der Ankündigung des Verlages heißt, sieht das Einführungsspiel (noch) nicht aus. Aber bisher wurde ja auch nur ein Teil der Spielregel enthüllt. Vielleicht geht Lookout den „Agricola-Weg“ und in der Schachtel befinden sich ein familientaugliches Spiel und ein Expertenspiel. Spannend bleibt es auf jeden Fall.

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September 14th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 4 Minuten

Scythe löste auf Kickstarter einen für ein Brettspiel bisher ungeahnten Hype aus und sammelte am Ende auf der Plattform weit über eine Million Dollar ein. Schuld daran war unter anderem das Artwork des Spiels von Jakub Rozalski und die von ihm geschaffene Welt in den 1920er Jahren mit Steampunk-Elementen. Wir haben das Spiel nun endlich auf den Tisch bekommen und möchten die ersten Eindrücke festhalten.

Wie es gespielt wird

Scythe wirkt zunächst sehr groß und kompliziert. Das hängt unter anderem an dem riesigen Spielplan (der sich in seiner extragroßen Varianten noch mal um über 30% vergrößert!) und der Tatsache, dass jeder Spieler einen Spielerplan und zusätzlich einen Fraktionsplan hat. Ersterer dient dazu Aktionen auszuführen und imageWeiterentwicklungen festzuhalten, letzterer beheimatet die Kampfroboter der Fraktion (in schönen Miniaturfiguren) sowie die Geldvorräte. Die Auswahl der Aktionen erfolgt mit einem klassischen Pöppel den man von einem Aktionsfeld zum nächsten bewegt und auf jedem bis zu zwei Aktionen auslösen kann. Dabei wird zunächst die obere Aktion ausgeführt und anschließend die untere Aktion. Die Aktionen müssen in dieser Reihenfolge ausgeführt werden, allerdings kann man auch nur die erste, nur die zweite, beide nacheinander oder auch keine der beiden Aktionen machen. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Aktionen wie bspw. Einheiten zu bewegen, Gebäude zu bauen, Fähigkeiten zu verbessern, militärische Stärke zu steigern, Rohstoffe zu produzieren, Rohstoffe zu handeln, Mechs (a.k.a. Kampfroboter) bauen, Popularität in der Bevölkerung zu erlangen etc. Es gibt also viel zu tun in der Welt Scythe.

Jeder Spieler startet mit zwei Arbeitern und seiner Charakterfigur, die fraktionsabhängig unterschiedlich ist und jeweils durch eine toll gestaltete Miniaturfigur dargestellt wird. Zu Beginn sind die Handlungsmöglichkeiten recht eingeschränkt, da man zunächst mal Rohstoffe produzieren muss und eine erste Basis für seine Expansion schaffen muss. An dieser Stelle gleich ein kleiner Tipp: „Produziert“ neue Arbeiter! Der Produktionsmechanismus ist dabei recht simpel gehalten, denn man produziert in  zwei (bzw. drei) Regionen, in denen man Arbeiter hat, die entsprechenden Rohstoffe der Region. Die Regionen produzieren somit Holz, Erz, Nahrung oder eben neue Arbeiter. Das besondere bei Scythe im Gegensatz zu vielen anderen Spielen ist, dass die produzierten Rohstoffe zunächst auf dem entsprechenden Feld auf dem Spielplan platziert werden und nicht in einem virtuellen Lager. Das erscheint irgendwie logisch und eröffnet natürlich die Möglichkeit die Rohstoffe zu erobern, indem man ein Gebiet mit vielen Rohstoffen angreift.

Ziel bei Scythe ist es, am Ende möglichst viel Geld anzuhäufen. Wird das Spielende ausgelöst, indem einer der Spieler seinen letzten Stern für eines der zu erreichenden Ziele platziert, hat, wird abgerechnet. Dabei zählen verschiedene Elemente des Spiels in Abhängigkeit der am Spielende erreichten Popularität der eigenen Fraktion. Auch hier sicherlich nichts komplett neues, aber eben neu arrangiert.

Was uns gefallen hat

Insgesamt handelt es sich um eine interessante Verknüpfung unterschiedlicher Mechanismen und einiger sehr interessanter Interpretationen bekannter Mechanismen. Es ist ein bißchen wie bei einem neuen Restaurant. Man kennt alle Zutaten der angebotenen Menüs, aber die Kombination der Zutaten und deren Zubereitung eröffnet doch wieder interessante Erlebnisse. So oder ähnlich ging es uns auch bei Scythe.

Besonders gut fanden wir, dass das Spiel sich sehr flüssig spielt. Da man seinen Aktionsauswahl-Pöppel immer auf ein anderes Feld bewegen muss, kann man im Grunde nur aus drei möglichen Feldern wählen. Klingt erst mal einfach, beinhaltet aber doch eine gewisse Komplexität. Wie so häufig geht es auch in Scythe um eine imageOptimierung des Mangels, denn man hat gefühlt immer zu wenig Rohstoffe oder Geld, um die gewünschten Aktionen durchzuführen. Zudem ist die Kombination aus oberer und unterer Aktion so gewählt, dass man eigentlich immer eher nur eines davon braucht und deshalb geschickt planen muss (ist bei mir übrigens in die Hose gegangen).

Was natürlich auch gefällt die Gestaltung der Welt. Hier muss ich wirklich sagen, dass ich selten etwas so kunstvolles im Brettspielbereich gesehen habe. Die Begegnungskarten sind derartig schön gestaltet, dass man sie sich wirklich lange und gerne betrachtet. Auch das Material macht einen überaus wertigen Eindruck. Hat man die Luxusedition mit bemalten 3D-Ressourcenmarkern und Metallmünzen gewinnt das Ganze noch mal an Gewicht. HIer muss ich wirklich sagen: Chapeau an Jamey Stegmaier und Jakub Roszalski für diese Leistung.

Über eine Solovariante mit einem Automa-Deck verfügt Scythe übrigens auch noch. Diese habe ich noch nicht getestet, eröffnet aber die Möglichkeit, die eigene Strategie zu verfeinern und neue Punkthöchststände zu erreichen.

 

Was uns nicht gefallen hat

Man könnte Scythe vorwerfen, es mache nichts neu, sondern verknüpfe nur Bestehendes und arrangiere Bewährtes. Aber sind wir mal ehrlich, genau darum geht es doch häufig. Gerade in der Kunst oder in der Musik ist dies der Motor, der ständige Veränderung und Vielfalt vorantreibt. Deshalb ist dieser Vorwurf meines Erachtens nicht gerechtfertigt. Bleibt die Preisfrage… In der Tat: 80 Euro sind eine neue Marke bei einem Spiel. Beachtet man aber die Detailarbeit, die sowohl Jamey, als auch Jakub in dieses Spiel gesteckt haben, ist es irgendwie gerechtfertigt. Sicherlich ist noch ein kleiner Hype-Aufschlag von vielleicht fünf oder zehn Euro dabei, aber auch den hat sich der clevere Marketing-Stratege Jamey Stegmaier vielleicht verdient für seine Mühen und ausgesprochen engagierte Unterstützung seiner Kunden. Am Ende muss jeder selber entscheiden, was es ihm wert. Abgezockt wird man hier meines Erachtens nicht, den andere Verlage rufen mittlerweile nahezu vergleichbare Preise auf, liefern aber deutlich schlechteres bzw. günstiger zu produzierendes Material mit.

Fazit

Scythe ist ein solides Workerplacement und Siedler-esques 3X Spiel (das vierte „X“ (exterminate) kommt nicht wirklich zum Tragen) mit interessanten Mechanismen, einer fantastischen Welt mit herausragendem Art-Work und tollem Material. Aber jeder muss sich selbst fragen, inwiefern er bereit ist hierfür 80,- auszugeben. Ich mag die Optik und das Spielgefühl so sehr, dass es mir die Unterstützung der Kickstarter-Kampagne auch im Nachhinein wert war. Wir werden es sicherlich noch öfter spielen, auch wenn es mit nur vier Fraktionen, die sich nur durch ein paar Kleinigkeiten unterscheiden, nicht mit einer solchen Variabilität ausgestattet ist, wie bspw. Terra Mystica. Aber Nachscub ist ja in Form einer Erweiterung bereits in Sicht…

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September 6th, 2016 by Dirk
Lesezeit: 3 Minuten

Mit „Brief&Siegel“ wurde gerade die zweite Erweiterung für das Kennerspiel des Jahres 2014 „Istanbul“ vorgestellt. Was sie hinzufügt und wie sich das Spiel verändert versuche ich hier kurz zusammenzufassen. Istanbul und seine Erweiterungen sind bei Pegasus Spiele erschienen und Autor ist Rüdiger Dorn.

Wie es gespielt wird

In Istanbul sind wir Kaufleute, die sich über den Basar von Istanbul bewegen und an den verschiedenen Orten Aktionen ausführen, die uns unserem Ziel näherbringen sollen – Rubine sammeln. Jeder Spieler hat einen Handkarren, mit dem er die Waren des Marktes transportiert. Diesen kann man in der Wagnerei ausbauen, um mehr Waren zu transportieren. Hat man das drei Mal getan, dann hat er seine maximale Größe erreicht und man erhält einen Bonus-Rubin. Um schlussendlich an weitere Rubine zu kommen, kann man im Palast des Sultans Waren abliefern oder Geld, welches man auf einem der beiden  Märkte verdient hat, zum Edelsteinhändler bringen. Zusätzlich kann man Bonuskarten bekommen und ausspielen, die einem kleine Vorteile verschaffen oder in den Moscheen Sonderplättchen erlangen, die gewisse Regeln des Spiels außer Kraft setzen oder einen fünften Gehilfen für den Kaufmann liefern.

Innovativ ist bei Istanbul der Mechanismus der Aktionswahl, denn man bewegt sich auf ein Ortsfeld und lässt dort einen seiner Gehilfen zurück. Von dort geht es weiter zum nächsten Ort. Um die Gehilfen wieder einzusammeln gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder muss man zurück zum Brunnen, dann kommen alle dorthin zurück und scharen sich wieder um den Kaufmann oder man sammelt sie wieder ein, indem man die Orte auf denen sich die Gehilfen befinden erneut besucht. Im Endeffekt geht also darum, sich möglichst effizient zu bewegen

 

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Der große Basar von Istanbul

Die erste Erweiterung „Mokka&Bakschisch“ bringt als neue Ressource Kaffee ins Spiel. Durch den Kaffee kann man bspw. im Kaffeehaus oder in der Taverne Rubine erhalten. Zusätzlich kann man in der Taverne den Mitspielern das Leben schwer machen, indem man eine Sperre zwischen zwei Orte legt, die man nur noch selbst passieren kann. Kaffee erhält man natürlich in der Kaffeerösterei. Insgesamt gibt es hier neue Möglichkeiten an Rubine zu kommen. Durch die Gildenhalle kann man die sehr mächtigen Gildenkarten erhalten, die mächtige Vorteile bringen und deren Ausspielen deshalb auch als kompletter Spielzug zählt.

 

Die zweite Erweiterung „Brief&Siegel“ fügt nun wieder neue Möglichkeiten hinzu und ermöglicht mit der Variante „Der große Basar“ ein Spiel  auf 25 verschiedenen Orten. Die neuen Orte addieren wieder eine neue Möglichkeit an Rubine zu kommen. Durch Abgabe von Siegeln erhält man beim Geheimbund Rubine (quasi Informationen gegen Geld). Mit den Katakomben gibt es eine Möglichkeit sich etwas schneller über das dann große Spielfeld zu bewegen. Interessanteste Neuerung ist der Kompagnon, der sich unabhängig vom Kaufmann bewegt und ebenfalls Ortsaktionen auslösen kann – allerdings ist er langsamer als der Kaufmann mit seinem Gefolge. Der Kiosk bietet dazu die Möglichkeit schnell an kleine Boni zu gelangen und das Aktionshaus liefert zwei Bonuskarten an den Höchstbietenden.

Was uns gefallen hat

Istanbul mit beiden Erweiterungen ist nun ein wirklich großes Spiel mit ausreichend Komplexität und vielen Möglichkeiten. Schön ist dabei, dass die Spielzeit nicht ins Unendliche wächst, da man nun einfach mehr und vielfältige Möglichkeiten hat, an Rubine zu gelangen. Die DNA des Spiels – das Wettrennen auf dem Basar – verändert sich durch die Erweiterungen nicht. Der Kompagnon ermöglicht trotz sehr großem Spielfeld weiterhin kurze Wege. Das Material ist qualitativ hochwertig und die Regeln klar und mit wenig Interpretationsspielraum. Kann man Istanbul im Basisspiel noch mit Gelegenheitsspielern gut spielen, so ist es mit den beiden Erweiterungen zu einem echten Vielspielerspiel geworden, an das man Gelegenheitsspieler behutsam heranführen muss. Aus unserer Sicht ist das Spiel nun komplett und bietet auch im Fünf-Spieler-Spiel ausreichend Platz und Variation, damit unterschiedliche Strategien und Taktiken genutzt werden können. Wirklich toll und variantenreich!

Was uns nicht gefällt

Es ist wenig zu vermelden an dieser Stelle, denn Istanbul mit Erweiterungen ist weiterhin das Spiel, das es bereits im Grundspiel war. Allerdings zeigt sich im Fünf-Spieler-Spiel nun eine kleine Schwäche: Die Wartezeit zwischen den einzelnen Spielzügen  wird teilweise etwas zu lang. Vor allem gegen Ende, wenn man einen klaren Plan hat, kann dies nervig sein und die Spieldauer etwas verlängern. Trotzdem ist die Spielzeit auch zu fünft noch tragbar und bewegte sich bei uns bei etwa zwei Stunden inklusive häufiger kleinerer Regelüberprüfungen. Nach Kenntnis aller Funktionen und Regeln der neuen Erweiterung könnte es ggf. etwas schneller gehen. Generell negativ ist, dass man in der Regel schon ein paar Züge vor Ende weiß, wer gewinnen wird und man nur noch wenig Möglichkeiten hat, dies zu verhindern. Hier wünsche ich mir noch ein kleines überraschendes Element, welches vor den Mitspielern verdeckt ist. Vielleicht ja doch noch was für eine Erweiterung. 😉

Fazit

Istanbul gewinnt durch die beiden Erweiterungen erheblich an Möglichkeiten und es eröffnen sich ganz neue Strategien. Die Spielzeit wächst nur unwesentlich und nur mit fünf Mitspielern erhöht sich die Wartezeit zwischen den Zügen etwas zu sehr. Wir hatten sehr viel Spaß und gegen Ende war die Anspannung der Mitspieler deutlich spürbar. Istanbul bleibt ein großes Wettrennen auf dem Basar und das ist auch gut so!

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