Oktober 11th, 2017 by Dirk
Lesezeit: 5 Minuten

 

Ich schicke erst meinen Ninja in sein Haus und dann verführe ich ihn mit einer Geisha…huch…wer ist diese attraktive Frau in meinem japanischen Garten? … Oh Mist, ausgetrickst …

TA-KE ist Arve D. Fühlers neuestes Werk und bei HUCH! erschienen. Im fernen Japan ringt man als Shogun um Macht und Einfluss (a.k.a. Punkte auf der komplizierten Siegpunktleiste) und nutzt seine gewonnenen Schergen, um die Verhältnisse zu seinen Gunsten zu verändern. Das taktische Zwei-Personen-Spiel ist gerade frisch erschienen. Den finalen Prototyp habe ich schon vor einiger Zeit gegen Arve ausprobieren dürfen – ich habe mehrfach gegen ihn gewonnen (Sorry, Arve, aber das musste ich mir nun noch mal gönnen) – und bin gespannt, wie das Spiel nun in der veröffentlichten finalen Version aussieht.

 

Wie es gespielt wird

TA-KE ist ein klassisches und im Kern eigentlich abstraktes Zwei-Personen-Duell – im Grunde ganz einfach zu lernen. Zunächst platziert man zufällig zusammengestellte Stapel aus verschiedenfarbigen Plastik-Talern in der Mitte des Spielplans. In seinem Zug nimmt man einen der bunten Plastik-Taler – diese symbolisieren unterschiedliche Personengruppen – aus der Mitte und legt ihn unten auf seinem Tableau ab. Die genommenen Personenplättchen können einerseits im Verlauf jedes Spielzugs Punkte liefern, ermöglichen es mir andererseits aber auch während meines Zuges Sonderaktionen durchzuführen, sind danach allerdings weniger Punkte wert.

Spielbrett von TA-KE erschienen bei HUCH

Viele grimmige japanische Emojis blicken die Spieler an

Die zum Sieg notwendigen Punkte werden durch ein einfaches aber effektives Wertungssystem erzielt. Es wird nach jedem Spielzug immer jene Personengruppe gewertet, die man gerade durch das genommene Plättchen in der Mitte aufgedeckt hat. Dazu zählt man, wie viele Scheiben dieser Personengruppe auf dem zentralen Spielfeld in der Mitte liegen und multipliziert diese Zahl mit der erreichten Punktzahl bezogen auf diese Personengruppe auf dem eigenen Tableau. Der Clou dabei ist, dass diese Wertung nicht nur der aktive Spieler durchführt, sondern auch der Gegner! Unbescholtene Personen auf dem eigenen Tableau sind dabei mehr Punkte wert als Personen, die bereits ihre Sonderaktion – dazu gleich mehr – genutzt haben.

Auf den gewählten Stapel legt man einen Geistermarker und sperrt diesen nun damit für den Mitspieler. Sind alle Stapel “begeistert”, werden die Geistermarker abgeräumt und es stehen wieder alle Stapel zur Auswahl zur Verfügung.

Die Sonderaktionen der einzelnen Personengruppen erlauben es den Spielern die Auslage in der Mitte zu ihren Gunsten zu verändern (Personenplättchen verschieben, Geistermarker tauschen oder entfernen) oder die eigenen Samurai – diese zählen quasi als Punkte-Joker in Abhängigkeit ihrer Platzierung – zu verschieben. Mit den Ninja kann ich die Personen der gegnerischen Auslage nutzen – wenn geschickt eingesetzt, ist das besonders gemein.

Das Spiel endet, wenn alle Stapel komplett abgeräumt sind und es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

 

Was uns gefallen hat

TA-KE ist einfach zu lernen und ein klassisches Zwei-Personen-Duell. Das macht es fast zum idealtypischen Spiel auf Reisen. Dabei ist jedoch bei aller Einfachheit nicht zu verachten, dass man immer mal wieder vor der “schwerwiegenden” Entscheidung steht, ob man nun wirklich dieses eine Plättchen nimmt und dem Gegner genauso viel Punkte zukommen lässt wie einem selbst oder sogar mehr. Dadurch, dass man die bunten Chips von der Seite sehen kann, kann man genau sehen, welche Farben als nächstes auftauchen und muss natürlich auch daran denken, auf welche Farbe man dem Gegner vielleicht Zugriff ermöglicht und ihn so vielleicht eine bestimmte Personengruppe werten lässt.

Cover von TA-KE erschienen bei HUCH

Herausragendes Cover Design

Die Sonderfähigkeiten sind dabei der Knackpunkt an dem Spiel. So muss man gut überlegen, ob man eine Geisha losschickt, um die Auslage zu manipulieren. Denn einmal eingesetzt, ist diese weniger wert – klingt in dem Fall etwas…na ja. Gerade durch den Wertungsmechanismus ist der Verlust eines Punktes doppelt bitter, denn es reduziert den eigenen Multiplikator. Man sollte es sich also gut überlegen, wen man wann einsetzt und was man ihn tun lässt. Denn die Veränderung der zentralen Auslage kann auch mal zu einem Vorteil für den Gegner führen. Und man muss stets damit rechnen, dass der Gegner durch den Einsatz seiner Personenplättchen irgendwelche Kombinationen nutzt, die man nicht bedacht hat. Insgesamt eine ganz schöne Kopfnuss mit vielen Facetten, die Arve uns da auftischt.

Die Optik der Schachtel ist natürlich ein Kracher und spricht sofort alle Instinkte an, beschwört das Duell der japanischen Adligen geradezu herauf. Das restliche Material ist ebenfalls sehr gut gemacht und HUCH! bleibt hier seiner Linie treu – qualitativ hochwertige Spiele. Der Spielplan mit der Punkteleiste, die sich durch den japanischen Garten schlängelt sieht toll aus und man sieht hier und da eine Geisha oder einen (Last?!) Ninja am Wegesrand. Insgesamt ein wirklich rundes Paket.

 

Was uns nicht gefallen hat

Hier gibt es wirklich wenig zu meckern. Das Material ist gut, die Mechanik klar und eindeutig, die Regel gut formuliert.

Gegen Ende schrumpfen die Möglichkeiten natürlich erheblich und man kann sich nur noch aus wenigen – bis hin zu einem – Personenplättchen bedienen. Das kommt manchmal etwas zu entscheidungsarm daher und da hätten wir uns noch einen Kniff gewünscht, der das Ende spannender macht – wie bspw Zielkarten/Aufträge oder geheime Extra-Punkte bei gewissen Personenplättchen, die ich im Spielverlauf gesammelt habe. Zudem wäre es vielleicht interessant, wenn die unteren fünf Felder der zentralen Auslage variabel und nicht fest auf den Plan aufgedruckt wären (beispielsweise verdeckt ausgelegte Pappmarker mit identischer Rückseite), um so gegen Ende noch mal ein Überraschungselement bereitzuhalten.

Siegpunktleiste bei TA-KE erschienen bei HUCH

Die sich windende Siegpunktleiste

Die Siegpunktleiste ist eine kleine Herausforderung beim Spielen, um nicht gar zu sagen ein Ärgernis. Uns ist mehrfach der Faden verloren gegangen und sie lässt sich nicht wirklich intuitiv beschreiten. Hier muss man wirklich höllisch aufpassen, dass man nicht mal falsch abbiegt oder in die falsche Richtung zählt. So hübsch ich sie finde, 100% praktisch ist sie leider nicht. Zudem wären Zahlen auf allen Steinen bei so vielen Windungen durchaus hilfreich.

Sicherlich ist TA-KE kein großes Spiel, will es ja aber auch nicht sein. Einzig und allein könnte man ihm ankreiden, dass es durch das Material – hiermit meine ich vor allem den relativ großen Spielplan und damit in der Folge auch die Schachtel – mehr aus sich macht als es eigentlich ist. So wird die Mobilität des Spiels erheblich eingeschränkt, denn es lässt sich aufgrund des Spielplans leider auch nicht viel kompakter zusammenpacken. Das Spielmaterial an sich geht nämlich in den beiliegenden Beutel und eine Regel braucht man nach den ersten zwei Partien wirklich nicht mehr. Ggf. würde es gerade bei so einem Spiel Sinn machen, es – auch im Aufbau – so kompakt wie möglich zu machen. So könnte man bei entsprechendem wirtschaftlichen Erfolg über ein “TA-KE to go” nachdenken. Dazu würde es schon reichen, wenn der Spielplan auf eine zusammenrollbare Folie/Plane gedruckt wäre. Die könnte man dann dem “großen” Spiel einfach beilegen und so beide Versionen in einer Box anbieten. Wäre mal ein netter Ansatz… Oder man packt alles in eine Rolle – quasi als japanisches Rollenspiel. Ähnlich hat es HUCH! übrigens schon mal praktiziert, beim ebenfalls in zwei Versionen erhältlichen Hive. Auch hier hat sich meines Erachtens bei den meisten Spielern inzwischen die Pocketversion durchgesetzt.

Und wer nun wissen will, wie es sich spielt, der kann sich die erste Folge von Aufgetischt von mir mit Leif & in Farbe ansehen…

FAZIT

Easy to learn, hard to master – das gilt auch für TA-KE von Arve D. Fühler. Spielt man gegen einen gewieften Gegner, der gut vorausdenken kann, ist es wirklich schwierig zu gewinnen. Ich mag Optik und Material und wenn es nun noch besser am Strand spielbar wäre, wäre es wirklich das perfekte Urlaubsspiel, denn der Wiederspielreiz ist enorm hoch. Vielleicht ist es ja erfolgreich genug, um HUCH! eine solche Version zu ermöglichen. Würde mich freuen – für Verlag und Autor.

Hier geht es zur Verlagsseite…

Vielen Dank an Huch für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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Januar 5th, 2017 by Dirk
Lesezeit: < 1 Minute

Nach dem Umzug des Blogs Ende November kehrte im Dezember ein wenig Ruhe ein. Es wurde dennoch viel gespielt und auch etwas geschrieben. Unter anderem wurde Guido zum Spiel des Jahres, Arve beehrte die Würfelmagier mit einem Prototyp (wohl nicht das letzte Mal) und die Leaders rangen mit dem iPad um die Weltherrschaft. Außerdem gibt es nun einen RSS-Feed und der eine oder andere Twitter-Kontakt hat sich sehr intensiviert. Verspätete Weihnachtsgeschenke aus “Kohle & Stahl” erreichten mich in der “Totenstadt”. Und die Weihnachtsfeier verbrachten die Würfelmagier im “Colt Express”.


Es sei schon verraten, dass das Jahr 2017 irgendwie gut angefangen hat. Wie es weitergehen wird, bleibt spannend…

Vielen Dank an die netten Kontakte der vergangenen Wochen. Und jetzt wieder zurück an die Spieltische – fast hätte ich gesagt “Gut Brett”… 🙂

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Dezember 22nd, 2016 by Dirk
Lesezeit: 7 Minuten

Mit seinem Spiel El Gaucho legte Arve D. Fühler 2014 ein familientaugliches Spiel vor, bei dem sich alles um südamerikanische Rinderbarone und die Zusammenstellung möglichst wertvoller Rinderherden dreht. Zentraler Antrieb von El Gaucho ist ein Würfelmechanismus, bei dem man durch das Auswählen zweier Würfel versucht die wertvollsten Rinder zu ergattern. Apropos ergattern, das besondere Feature an seinem Spiel ist das kleine Gatter in das man die Würfel wirft. Das sieht nicht nur einfach toll aus, sondern ist praktisch (Würfel werden in Zaum/im Zaun gehalten) und hat einen hohen Aufforderungscharakter. Und wer mag, kann sich das Gatter ja mal genau anschauen, vielleicht entdeckt ihr ja eine Liebeserklärung ;-). Neben diesem Würfeln und Sammeln kann man seine Gauchos noch zu verschiedenen Gebäuden entsenden, die den Spielern dann Sonderaktionen im weiteren Spielverlauf ermöglichen.

Im selben Jahr wie El Gaucho erschienen auch seine Spiele Scharfe Schoten (Huch&Friends) sowie Pagoda (Pegasus Spiele) und dann dieses Jahr noch Skibe (Huch&Friends).
Aktuell arbeitet Arve an einer ersten Erweiterung für El Gaucho, die 2017 erscheinen soll. Bisher erschien nur ein kleine Promo-Erweiterung (Die Futtersäcke), die im Rahmen von Matthias Nagys Brettspiel Adventskalender 2015 veröffentlicht wurde (mehr zum Adventskalender auch an dieser Stelle im Blog). Die neue Erweiterung fügt dem Spiel unterschiedliche Module hinzu, die flexibel in das Spiel integriert werden können. Mit Arve haben wir den Prototyp der Erweiterug gespielt und mit ihm über die neuen Module, den Prozess der Ideenentwicklung und seine weiteren Pläne gesprochen. Und das El Gaucho Kartenspiel hatte er dann auch noch dabei…

Die Bilder zeigen verschiedene Prototypen-Stadien von El Gaucho, die Arve uns zur Verfügung gestellt hat. Das Bild des aktuellen Prototyps der Erweiterung sowie die weiteren Bilder stammen aus der Spieletest-Runde vom 15.12.2016.


Mit El Gaucho hast du einen tolles Spiel mit einem familientauglichen Thema herausbringen können. Nun steht die erste richtige Erweiterung in den Startlöchern. Was wird uns dabei in etwa erwarten?

Bei der Erweiterung handelt es sich um mehrere Module auf die alle El Gaucho Fans gespannt sein dürfen. Ich verrate schon mal soviel:

Es wird ein Modul für einen 5ten Spieler geben. Dazu braucht man natürlich noch zusätzliche Tiere damit jeder Spieler genug Herden zusammen stellen kann. Aber es kommen nicht einfach 12 neue Rinder ins Spiel sondern es gibt eine neue Tierart: Pferde! (Oh ja, Gauchos lieben Pferde) Pferde haben einen anderen Wertungsmechanismus als Rinder und können eine Menge Pesos/Siegpunkte einbringen, daher sind sie auch immer stark begehrt und umkämpft. Und wer einmal die Pferde kennengelernt hat, wird sie lieben und nie mehr ohne sie spielen wollen.

Auch der Würfelmechanismus ist im Spiel zu fünft leicht modifiziert. Es gibt Würfel, die allen Spielern zur Verfügung stehen. Das macht die Würfelauswahl interessanter und erhöht ein wenig die Chancengleichheit – besonders für die hinteren Spieler.

Das schöne an dem 5-Spieler-Modul ist, das man es auch mit weniger Personen spielen kann. Für die Pferde wird einfach eine Rinderrasse aus dem Spiel entfernt. Möchte man eine längere Partie El Gaucho spielen, kann man auch einfach die Pferde hinzufügen.

Erste Einblicke in die Erweiterung von El Gaucho

Ein weiteres Modul ist der „Leiharbeiter“ (Arbeitstitel). Diesen kann man zu Beginn jeder Runde ersteigern. Und zwar mit Pesos! Denn jeder Spieler startet mit einer bestimmten Summe an Pesos – also Siegpunkten –, die er investieren kann. Wer den Leiharbeiter ersteigert, hat am Rundenende einen großen Vorteil, denn der Leiharbeiter macht seinem Namen alle Ehre. Ein kleines aber feines Modul, das die Interaktivität durch die Versteigerung steigert.

Und da wir gerade bei Pesos sind: das dritte und „größte“ Modul wird ein „Aktionstableau“ sein. Darauf sind vier neue Gebäude abgebildet, die allerdings noch im Rohbau sind. Du kannst in diese Gebäude investieren – mit Pesos – und sie ausbauen. Jedes fertige Gebäude bringt dir pro Runde eine zusätzliche Aktion. Und hast du alle Gebäude vollendet wartet noch eine weitere Zusatzaktion auf dich. Allerdings sind diese Zusatzaktionen ziemlich stark, daher kostet ihre Anwendung jedes Mal weitere wertvolle Pesos.

Mit dem Leiharbeiter und den neuen Gebäuden kommt ein, wie ich finde, wirklich schöner Wirtschaftsaspekt in das Spiel. Da dein Vorrat an Pesos irgendwann erschöpft ist, musst du relativ früh Herden verkaufen, um an frisches Geld zu kommen – ein schönes Dilemma. Außerdem hast du pro Zug viel mehr Aktionsmöglichkeiten. Das macht El Gaucho noch taktischer, spannender und für Vielspieler wirklich interessant.

Das sind die Erweiterungen an denen wir – also der Argentum Verlag und ich – aktuell arbeiten. Ich hoffe, das sie dann 2017 erhältlich sein werden. Es gibt natürlich noch weitere Modul-Ideen, von denen manche auch schon getestet sind … aber eins nach dem anderen.

 

Modulare Erweiterungen sind aktuell ein Trend in der Branche. Was fandest du im Vergleich zu einer großen Erweiterung daran so reizvoll?

Ich persönlich mag modulare Erweiterungen. Man kann sie je nach Spielergruppe, nach Spielerfahrung und auch nach benötigter Zeit dosieren und kombinieren. Außerdem ergeben sie in unterschiedlichen Konstellationen meistens ein anderes Spiel, bzw. verlangen sie eine andere Taktik oder Strategie. Das finde ich spannend.

Für El Gaucho hatte ich ehrlich gesagt nie über eine „große“ Erweiterung nachgedacht. Das Spiel ist in meinen Augen immer noch ein (gehobenes) Familienspiel und daher war es mir ein Anliegen das Spiel nicht zu weit aufzubrechen, sondern den Spielern einfache und flexible Möglichkeiten zu bieten El Gaucho anders, bzw. neu zu spielen – mit möglichst wenig Regeln. Aber trotzdem denke ich, dass mit den neuen Modulen – besonders mit dem Aktionstableau – viel mehr Spieltiefe und neue Spielaspekte in El Gaucho kommen.

 

Wie kommst du auf die Ideen für die Erweiterungen? Hast du die schon in der Schublade, also beispielsweise Ideen aus dem vorherigen Entwicklungsprozess, oder entwickelst du die einzelnen Dinge komplett neu?

Es war so, dass mich der Argentum Verlag direkt auf Erweiterungen für El Gaucho angesprochen hatte. Ich habe mich also hingesetzt und unterschiedlichste Ansätze am Schreibtisch entwickelt. Das ist ein normaler kreativer Prozess: wenn es gut läuft, sprudeln die Ideen, wenn es schlecht läuft, ist es eine Quälerei – es lief gut. Ich hatte in kurzer Zeit einen Haufen beschriebenes Papier mit ganz vielen Ideen und Ansätzen.
Und nein! Es waren keine Ideen aus der Entwicklungsphase dabei. Allerdings gab es bei einem frühen Prototyp schon mal Pesos als Währung – aber das war dann doch ganz anders.

 

Wie testet du deine neuen Ideen? Erst mal alleine oder gleich in einer größeren Runde?

Ich teste ungern und ganz selten alleine – höchstens dann, wenn es um rein mechanische Dinge geht. Ich finde es wichtig von Anfang an zu sehen, wie andere Menschen mit einer Idee, mit einem Thema oder mit einem Mechanismus umgehen und wie sie das Spiel spielen – das beeinflusst schon oft sehr früh die weitere Entwicklung eines Prototypen. Schließlich entwickele ich die Spiele ja nicht für mich, sondern damit sie von möglichst vielen Menschen gespielt werden.

Schon mit Gatter – Prototyp von El Gaucho

Normalerweise entsteht ein Prototyp bei mir erst in Gedankenarbeit. Habe ich ein schlüssiges Konzept im Kopf, schreibe ich es erst mal auf. Danach entsteht dann ein erster rudimentärer Prototyp, den ich meistens mit meiner Frau und manchmal auch mit den (inzwischen großen) Kindern teste – in der Familie ist die Toleranzgrenze sehr hoch. Hat der Prototyp die ersten Schritte gemacht, weite ich die Tests auf gute Spielerfreunde aus, dann geht es in Spielkreise und öffentliche Spieleveranstaltungen bis hin zu den Verlagen.

 

Apropos, was treibst eigentlich neben dem “Hobby” Spieleautor so beruflich? Ich vermute mal, dass du noch nicht davon leben kannst.

Ich habe Kommunikations-Design studiert und arbeite als Creative-Director in einer Frankfurter Werbeagentur. D.h. ich entwickele Ideen, Konzepte sowie alles Visuelle für unsere Kunden – für die digitale und für die analoge Welt. Das schöne daran ist, das sich das Berufliche und das Spielentwickeln in sehr vielen Bereichen überschneidet.

 

Wie viel Zeit verwendest du etwa auf das Entwickeln und Testen der Spiele pro Woche oder Monat?

Früher Entwurf zu El Gaucho

Ich investiere schon sehr viel Zeit. Allerdings differenziere ich dabei zwischen passiver Zeit und aktiver Zeit. In der passiven Zeit denke ich viel nach, konstruiere, formuliere und fabuliere im Kopf – sehr oft beim Autofahren. Aktive Zeit heißt Prototypen erstellen, Regeln schreiben, testen, auswerten, anpassen, usw. Zusätzlich kommt natürlich noch das „laufende Geschäft“ – also z.B. Interviews beantworten ;-), Kontakte mit anderen Autoren und Verlagen pflegen sowie die Arbeit im Vorstand der SAZ (Spiele-Autoren-Zunft). Ich mag das gar nicht zusammenrechnen, aber pro Woche sind das ca. 10 bis 20 Stunden – zusätzlich zu einer 60-Stunden Arbeitswoche. Und doch ist das viel zu wenig Zeit um all die Ideen umzusetzen, die ich auf dem Zettel habe. Wer meinen Blog besucht wird feststellen, dass dort seit Februar 2016 nichts passiert ist. Da bin ich sehr traurig drüber, aber ich stecke im Moment jede freie Minute in die Spieleentwicklung.

 

Ich stelle mir das toll vor, wenn ein Spiel von sich selber im Regal eines Händlers steht oder man es im Online Handel sieht. Aber wie geht man damit um, wenn ein Spiel bei der Kritik mal nicht so gut ankommt? Einfach abhaken oder trifft dich das sehr?

Oh, das bin ich gewohnt 😉 Pagoda ist in Deutschland ziemlich durchgefallen, Scharfe Schoten ebenso und aktuell bekommt Skibe auch nicht die besten Kritiken. Aber das ist auch immer relativ.

Der deutsche Markt und speziell der Vielspielerbereich ist schon sehr eigen in seinen Vorlieben und zum Teil leider auch sehr eingefahren. Oftmals werden Spiele nur an den eigenen Kriterien und Interessen gemessen und nicht daran, was das Spiel eigentlich sein will. Das sei ja jedem zugestanden, aber wenn das Meinungsbildner wie Journalisten, Blogger, Podcaster etc. tun, finde ich das schon sehr schade.

Das ist jetzt kein Jammern oder Wehklagen meinerseits. Schaue ich zum Beispiel die Kritiken zu meine Spielen auf BoardGameGeek an, sind diese schon sehr polarisierend – von ganz schlecht bis super. Das finde ich gut, denn für mich heißt das: meine Spiele sind nicht langweilig und es gibt genug Menschen, die daran Gefallen haben – und das ist was für mich zählt und was mich motiviert. Und auch wenn ein Spiel in Deutschland nicht so gut läuft oder ankommt, sagt das noch nichts über den internationalen Markt aus. In anderen Ländern werden die gleichen Spiele oft anders gespielt – manchmal auch mit etwas mehr Spaß!

 

Zum Schluss bleibt nur noch die Frage, was noch so in Arves Köcher ist. Auf was dürfen wir uns neben der Erweiterung für El Gaucho freuen? Hast du noch was “Großes” in Vorbereitung?

Was heißt denn etwas „Großes“?! Ich versuche ja meistens Größe im „Kleinen“ zu schaffen. Aber tatsächlich arbeite ich an einem – für mich – größeren Spiel: „Capone City“. Nach ca. zwei Jahren Entwicklungszeit ist das Spiel für mich so ziemlich auf der Zielgeraden. Ich bin aktuell in den letzten Testphasen, bevor der Prototyp (erneut) an Verlage geht. Aber bis zu einer Veröffentlichung ist es sicherlich noch ein langer Weg.

Prototyp des El Gaucho Kartenspiels

Im Frühjahr 2017 wird bei Huch! & friends ein weiteres 2-Personen Spiel von mir erscheinen: „TA·KE“. Ein äußerst taktisches Spiel, eingebettet in einem japanischen Setting. Da freue ich mich wahnsinnig drauf, weil ich es für eines meiner bisher besten Spiele halte. Und die Zusammenarbeit mit der Redaktion von Huch! & friends macht enorm Spaß und ist immer eine Freude. Das wird ein tolles Ding.

Außerdem bin ich aktuell dabei „El Gaucho – Das Kartenspiel“ zu testen. Das läuft schon ziemlich rund und macht mächtig Spaß. Was aber damit passiert und ob das Spiel beim Argentum Verlag veröffentlicht wird kann ich noch nicht sagen. Das steht noch im argentinischem Sternenhimmel.
Und da sind dann noch einige weitere Prototypen an denen ich aktiv arbeite. Mir wird also so schnell nicht langweilig.

 

 

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